Seite:Gretter der Starke.pdf/207

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das ihm an der Seite hing, riß es aus der Scheide, und versetzte dem Ungetüm einen wuchtigen Schlag nach seiner Schulter, sodaß der rechte Arm durchhauen wurde.

Dadurch ward das Riesenweib kampfunfähig, und Gretter wurde frei.

In diesem Augenblick ging eine eigentümliche Bewegung durch die Luft. Die grauen Schatten der Nacht tauchten sich in ein grünes, unheimliches Licht. Ein gelber Strahl zuckte im Osten auf, und mit einem Schrei, aus dem Wut und Schmerz erklang, stürzte sich das Riesenweib über die Felsenschlucht hinab in die Tiefe.

Ein donnerartiges Getöse kam herauf, und die Schaumperlen des Wassers zischten hoch in die Luft.

Aus Gretters Augen blitzte auf ein Strahl des Triumpfes.

Dann tastete er sich mit beiden Händen über seinen Leib, und stöhnte laut auf. Überall fühlte er sich geschwollen, und alle seine Glieder schmerzten heftig.

Tief erschöpft ließ er sich auf einen Stein niedersinken. Hier saß er eine geraume Zeit ganz still, und atmete tief und schwer.

Der Tag brach durch die Wolken, und es wurde Licht! Da erhob Gretter sich von seinem Stein, und schritt langsam dem Hause zu. Als er die Kleider abstreifte, sah er über seinen ganzen Körper hin blaue Flecken, die Spuren der eisernen Griffe seines Gegners. Er streckte sich auf das Bett, und, zum Tode müde, ersehnte er den Schlaf als den Erfrischungsquell für seine abgespannten Kräfte, als den Stiller seiner pochenden Gedanken.

Er entschlief! – –

Die Hausfrau Steinvoer kehrte zeitig aus dem Pfarrhof mit ihrem Kinde heim.

Voll Entsetzen sah sie die Verwüstung auf ihrem Hofe, dann ebendieselbe auch in dem Hausflur, am schlimmsten aber in der Halle.

In banger Ahnung hämmerte ihr das Herz. Kaum traute sie sich zu fragen. Das Gesinde kam herbei, und erzählte, so weit es davon wußte, die Erlebnisse der Nacht.

„Gott Lob!“ rief sie, „daß keiner von euch fehlt, daß ihr alle unverletzt seid! – Und der Fremde? – Der Gast, der den Troll zum Hause hinausbrachte, wo ist der?“ – –

„Er schläft!“ –

„So soll ihn niemand wecken!“ –

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/207&oldid=- (Version vom 1.8.2018)