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Darauf machte sich Gretter fertig, zog seine Oberkleider aus, und gürtete das kurze Schwert fest um seine Hüften. So sprang er von dem Felsen ab in den Wassersturz, umklammerte das Tau, und ließ sich an demselben hinunter.

Eine Zeit lang noch konnte Stein Gretters Hünengestalt in den Strudeln sehen. Dann verschwand er in der Tiefe.

Stein beugte sich gespannt über den Felsenrand, und forschte hinab. Er konnte nichts weiter sehen, als den Schaum, nichts weiter hören, als das Tosen der Wasser.

Als Gretter ganz unten angekommen war, hatte er die Empfindung, als wäre er in der Hölle. So umstarrten ihn die Felsen, umheulten ihn die Fluten. Er klammerte sich fest an ein Riff, um den Wasserwirbeln, die ihn fortreißen wollten, Widerstand zu leisten.

Er atmete lange und tief auf.

Dann suchte er auf der Seite, wo der Strom weniger stark war, hinter den Wasserstrahl zu kommen.

Hier gewann er einen Absatz im Gestein, und erkletterte ihn.

Er befand sich in der That am Eingang einer großen Höhle. In derselben brannte ein starkes Feuer.

Gretter trat hinein, und er sah an dem Feuer ein Ungetüm sitzen, einen Reifriesen von unmenschlicher Größe und von erschreckender Häßlichkeit. Als der Riese den Fremdling eintreten sah, sprang er auf, und stach nach ihm mit einem langen Spieß.

Gretter wehrte den Angriff des Ungetüms ab, indem er mit seinem Schwert nach dem Speerende schlug, und es gelang ihm durch diesen Hieb die Eisenspitze von dem hölzernen Schaft zu trennen.

Da griff der Riese mit seiner Hand rückwärts nach einem langen Schwerte, das hinter ihm an der Felsenwand hing.

Diese Wendung, welche die Seite des Ungetüms entblößte, benutzend, stürzte Gretter auf den Gegner zu, und stieß ihm sein Schwert tief in den Bauch, den er der Länge nach aufschlitzte.

Dröhnend fiel das Ungetüm zu Boden.

Seine Eingeweide entquollen dem Bauch, die Flut leckte sie auf, zog sie in den Strudel hinein, und schwemmte sie den Fluß hinab.

Als der Priester Stein, welcher oben stand, und das Tauende hütete, diese blutigrote Masse den Strom hinabschwimmen sah, glaubte er bestimmt, Gretter sei gestorben.

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/211&oldid=- (Version vom 1.8.2018)