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aus der Ferne betrachtet, machte den Eindruck einer, in Stufen aufsteigenden, Pyramide. Rings um das untere Geschoß lief eine offene Halle, gebildet durch Holzsäulen, die auf eine Brüstung von mäßiger Höhe aufsetzten. Es war die sogenannte Vorkirche, welche stets unverschlossen war.

In diese Vorkirche legte Gretter den Sack mit den menschlichen Gebeinen, und stellte daneben einen Runenstab, auf den er in Schriftzeichen die Nachricht eingrub, daß er diese Gebeine aus der Höhle des Reifriesen geholt, und solche vermutlich dem Thorstein und dem Großknecht angehörten.

Als der Priester Stein am nächsten Morgen sein Gotteshaus betrat, fand er Sack und Runenstab, las die eingeschnittene Nachricht, und gewährte den ihm anvertrauten menschlichen Resten ein christliches Begräbnis.

Gretter war, nachdem er diese Pflicht der Frömmigkeit erfüllt hatte, nach Sandhaugar zurückgegangen, und hatte müde, wie er war, sich zu Bett gelegt.

Am Morgen vernahm Steinvoer Gretters Rückkehr, und war nun überaus glücklich, daß die Nachricht von seinem Tode ein Irrtum gewesen war. Auch der Priester Stein stellte sich ein, neugierig, Näheres über den Verlauf des Abenteuers zu hören.

Scherzend warf ihm Gretter vor, daß er schlecht auf das ihm anvertraute Tauende aufgepaßt habe. Dann erzählte er in der ihm eigenen, schwungvollen Rede, wie der kalte Mund des Wassersturzes ihn angegähnt, wie der reißende Strom seine Brust zusammengeschnürt, wie der arge Freund der getöteten Reifriesin ihn in der Höhle angegriffen, wie nach heftigem Kampfe die Lohe seines Schwertes jenem die schwarze Brust gespalten, wie er die beiden Gerippe dort als Schatz gehoben, und an das Tageslicht gezogen habe.

Man war nun überzeugt, daß die Raubanfälle in jenen beiden Weihnachtsnächten von diesen Reifriesen verübt seien, und die aufgefundenen Gebeine Thorstein und dem Großknecht wirklich zugehörten.

In der That kamen auch in der Folgezeit Räubereien derart im Bardarthale nicht wieder vor.

Gretter hatte auch hier mit seiner Kraft viel Gutes gestiftet, und die Leute von einer schweren Landplage befreit.

Der Winter verlief, und Steinvoer pflegte ihren Gast, dessen Name streng geheim gehalten wurde, auf das Beste.

Indessen dieses Bravourstück, das er hier wiederum verrichtet hatte,

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)