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„und zweimal habe ich nichts ausgerichtet. Scheitert zum dritten mal mein Angriff, dann, fürchte ich, wird Gretter, unbehelligt von mir, auf dieser Insel leben und sterben können.“

Sie ruderten ans Land. Groll im Herzen stieg Thorbjoern aus. Der Spott folgte ihm auf dem Fuße nach. Aber er brütete über neuen Plänen, seinen Zweck zu erreichen! „Gretter muß von der Drang-ey fort! – Das zu erreichen, soll mir nun jedes Mittel recht sein!“ –


Kapitel 48.

Rettung nahe.

Den folgenden Winter verlebte Gretter auf der Drang-ey in vollem Frieden. Er und Thorbjoern begegneten sich nicht. Der Frühling brach nun wieder an, und mit ihm eine Zeit, welche eine frohe Wendung für Gretters Leben versprach. Seine Verwandten hatten einmütig beschlossen, in diesem Sommer in Thingvalla vollzählig zu erscheinen, mit Nachdruck aufzutreten, und die Aufhebung von Gretters Acht zu verlangen. Denn sie waren der Meinung, mit diesem Frühjahr[1] habe bereits das zwanzigste Jahr von Gretters Friedlosigkeit begonnen. Und damit galt nach Landes Gesetz und Brauch die Strafe für verbüßt.

Die Entscheidung hierüber stand dem Gesetzessprecher zu.

Der Gesetzessprecher war der vornehmste Mann auf ganz Island. Er präsidierte dem Althing, und entschied mit seinem Spruch endgültig alle Streitsachen.

Sämtliche auf Island geltenden Gesetze mußte er fest in seinem Kopfe haben, und auf Verlangen hersagen können. Denn erst im Jahre 1117 wurde das mündlich überlieferte Recht schriftlich abgefaßt in einem Buche, welches den seltsamen Titel Graagaas[2], d. h. „graue Gans“, führte.

Vererbte das Gode- oder Häuptlingsamt der Harden bei der führenden Familie sich meist von Vater auf Sohn, so war das Amt des Gesetzessprechers
Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Frühahr
  2. isl. Grágás


Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/246&oldid=- (Version vom 1.8.2018)