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Thorbjoern hob seine alte Amme, wie ein Kind, auf seine starken Arme, und trug sie sorgsam nach Vidvik in ihr kleines Haus zurück.

Als sie wieder zwischen ihren Kissen lag, von der Anstrengung tief erschöpft, sagte Thorbjoern zu ihr:

„Pflegemutter, ich begreife nicht, was dieses alles helfen soll?“ –

„Die Zeit, mein Sohn, die Zeit welche vieles aufschließt, wird auch dieses dich lehren. Warte nur!“ –

So trennten sich beide.

Der Wind wehte landeinwärts. Trotzdem trieb das Holz ziemlich schnell den Fjord hinaus! – –

Die Brüder auf der Drang-ey sahen froh dem Winter entgegen. Hofften sie doch, daß es der letzte auf dieser Insel, der letzte in der Verbannung sein sollte. Dann ging es zurück zur Heimat, zurück zur Mutter! – Aus der Friedlosigkeit hinein in den Frieden. – Wie jauchzte ihr Herz auf bei diesem Gedanken! –

Am nächsten Tage, nachdem das Weib das verzauberte Holzstück in das Meer hinausgeschickt hatte, stiegen Gretter und Illuge die Leitern herunter, und suchten den Strand ab, um Feuerung zu sammeln. Die Insel umschreitend, fanden sie an der Westseite ein knorriges Holzstück aufgetrieben, von der Größe, daß ein Mann es auf seiner Schulter wegtragen konnte.

Illuge, freudig von diesem Funde überrascht, sagte:

„Sieh her, Bruder, hier haben wir ein gutes Stück Holz zu unserer Feuerung gefunden. Laß es uns hinauftragen!“ –

Gretter bückte sich, und betrachtete den Ast. Dann stieß er ihn mit Gewalt von sich, und sagte:

„Das ist ein böses Holz, vom Teufel uns zugeschickt! – Komm laß uns anderes Brennholz suchen!“ –

Darauf gab er dem Klotz noch einmal einen kräftigen Stoß mit dem Fuße, daß er weit in das Meer hinausflog.

Sie setzten ihren Rundgang um den Strand fort.

Gretter kam wieder auf das soeben Erlebte zurück, und sagte:

„Illuge, gieb ja acht, daß dieser Klotz, sollte er wieder antreiben, nicht in unsere Hütte kommt. Er ist uns zum Unglück hergeschickt. Mein Herz sagt es mir!“

Nach Hause zurückgekehrt, sprachen sie indessen vor dem Knechte nichts davon.

Empfohlene Zitierweise:
Emil Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)