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Norwegen regelte, hatte er Sitz und Stimme und seine Stimme dort war von Gewicht. Selbst von heiterer Gemütsart, sah er gerne auch andere fröhlich, liebte gute Gesellschaft und das kreisende Trinkhorn.

Der Edelsitz, auf dem er wohnte, erhob sich nahe dem Meere in herrlichen, stolzen Gebäuden, denen die Festhalle mit den an den Wänden ausgespannten, kunstvoll gewirkten Teppichen und das feste Schatzhaus, gefüllt mit Kostbarkeiten aller Art, nicht fehlten.

Gretter fühlte sich in dieser Umgebung fremd und gedrückt, mehr geduldet als gesucht.

Torfin gab dem Schiffbrüchigen, der, ohne Heimat, nicht wußte wohin? mit nordischer Gastfreundschaft das Brot an seinem Tische und die Lagerstatt in seinem Hause; aber er selbst liebte den wortkargen, linkischen, rothaarigen Gesellen nicht.

Gretter fühlte dies und zog sich noch mehr zurück. Das Weh der Fremde kam nun zwiefach über ihn. Er sehnte sich nach einem Freunde, nach Mitteilung und nach Trost. Er sehnte sich auch nach einer That, die seine grübelnden Gedanken bannen und Torfins Achtung ihm erzwingen sollte.

Beides, der Freund und die Gelegenheit zu rühmlichen Thaten, sollte sich finden.

Zu den Hintersassen Torfins auf der Haramsinsel gehörte auch Oedun, ein Bauer, schlicht und bieder, der seinen Hof Vindheim mit fleißiger Hand in bester Ordnung hielt. Hier suchte Gretter seinen Verkehr, hier ging es einfach zu, hier konnte er sich aussprechen, hier fand er Nahrung für sein Herz. Bald war er nur noch zu den Mahlzeiten in Torfins Hause, sonst aber bei Oedun und oft bis in die späte Nacht hinein.

Eines Abends spät trennten sich Gretter und Oedun. Sie traten aus der Pforte des Hofes. Die Luft war lind und die Nacht dunkel.

„Ich gehe noch ein Stück des Weges mit dir“, sagte Oedun.

Indem sie hinschritten, leuchtete gegen Norden ein starkes Feuer auf, welches nicht wuchs, auch nicht abnahm, sondern mit gleichmäßiger Flamme brannte und, wie es schien, auf einem Hügel.

„Was bedeutet das?“ fragte Gretter.

„Es ist besser du fragst nach diesem Feuer nicht“, sagte Oedun ausweichend.

„Bei uns in Island würden wir sagen, unter diesem Feuer liegt ein Schatz vergraben“, meinte Gretter.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)