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Als die Leute hinausgingen, zu suchen, fanden sie die Schafheerde zersprengt. Einige Tiere steckten im Sumpfe, vom Schneesturm durchpeitscht, andere lagen oben im Gebirge, zusammengedrängt unter vorspringenden Felsen.

Von Glam war keine Spur.

Endlich hoch oben im Thale entdeckten sie eine Stelle, wo der frischgefallene Schnee zerstampft war und abgetretene, hart gefrorene Erde schollen umherlagen. Hier hatte augenscheinlich ein heftiger Ringkampf stattgefunden. Nicht weit davon lag denn auch der Glam. Er war tot, sein ganzer Körper schwarzblau angelaufen und der Leib hoch auf geschwollen bis zur Dicke eines Ochsen.

Ekel und Schauder ergriff die Leute bei diesem Anblick.

Sie versuchten den Leichnam aufzuheben, um ihn nach dem Friedhof zu bringen. Aber sie vermochten es nicht. Der Körper des Toten war schwerer als Eisen.

Nach Hause zurückgekehrt, meldeten sie Thorhall den Befund.

„Woran ist eurer Meinung nach der Glam gestorben?“ fragt Thorhall die Leute.

„Wir fanden von dem Orte aufwärts, wo ein Ringkampf stattgefunden hatte, das ganze Thal entlang große Blutlachen. Darum meinen wir, daß der böse Geist, welcher früher im Thale hauste, den Glam getötet, aber selbst so schwere Wunden im Kampf bekommen hat, daß er daran verblutete.“ Und in Wirklichkeit erschien seit jener Zeit der Gnom nicht wieder. Am zweiten Weihnachtstage wiederholte man den Versuch, mittelst eines Schlittens, vor den Pferde gespannt waren, den Leichnam des Glam auf den Friedhof zu schaffen, aber selbst Pferde vermochten ihn nicht von der Stelle zu ziehen.

Am dritten Weihnachtstage ging der christliche Priester in seinem Ornate hinaus, den Leichnam zu holen.

Nun war er ganz verschwunden.

Suchten die Knechte ihn, so lag er an seiner Stelle offen da. Kam der Priester, ihn zu holen, dann war er fort.

Dieses Versteckspieles müde, verscharrte man endlich ohne Sang und Klang den Glam, wo er gerade lag, in ungeweihter Erde. Einige Zeit nachher wollten Leute den Glam wieder gesehen haben. „Er war stets ein Verächter der Kirche,“ sagten sie; „darum hat er nun im Grabe keine Ruhe!“ –

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Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/91&oldid=- (Version vom 1.8.2018)