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Der Tag neigte sich und man legte sich zu Bette.

Gretter aber wollte in dieser Nacht seine Kleider nicht ausziehen. Völlig gewaffnet warf er sich auf eine Bank, dem Bette Thorhalls gegenüber. Er deckte sich mit seinem Friesmantel zu, wickelte den einen Zipfel desselben um die Füße, den andern zog er sich über den Kopf, doch so, daß er durch den Schlitz hindurch alles übersehen konnte, was im Zimmer vorging. Dann stemmte er seine Füße fest gegen die starke Seitenlehne der Bank.

Im Zimmer brannte trübe ein Licht und warf seinen matten Schein auf die Umgebung.

Wie wüst und unheimlich sah doch alles hier aus.

Die Stubenthür, mehrfach geborsten, war geflickt und mit neuen Brettern übernagelt. Dach und Seitenwände des Zimmers zeigten starke Risse und Löcher, notdürftig mit altem Hausrat zugestopft und zugestellt. Die Möbel waren aus den Ecken gerückt und beschädigt. Kein Stück des Hausrats war heil und ganz. Alles sah verwahrlost und ruinenhaft aus. Über diese Verwüstung warf das Nachtlicht seinen bleichen Schein und ließ alles noch spukhafter erscheinen.

Ein Drittteil der Nacht war schon vorüber.

Da hörte Gretter auf dem Hofe ein gewaltiges Dröhnen. Mit schweren Schritten stieg jemand auf das Dach und stampfte oben umher, so daß alles Gebälk knickte und knackte. Dann stieg es wieder vom Dache herunter und näherte sich der Hausthür. Diese wurde aufgestoßen. Ein Ungetüm trat ein. Als es sich zur ganzen Höhe aufreckte, reichte der riesenhafte Kopf bis in den Dachfirst hinauf. Die einzelnen Abteile des Schlafhauses trennten von einander nur niedrige Scheidewände aus Holz. Der nach oben spitz zulaufende Luftraum des Daches war allen gemeinsam.

Auf den Querbalken, welcher von Seitenwand zu Seitenwand unter dem Dachraum hinlief, legte das Gespenst die gekreuzten Arme und grinste in das Zimmer hinein. Der Hausherr ließ keinen Laut von sich hören und Gretter wickelte sich fester in seinen Mantel.

Glam bemerkte, daß etwas wie ein graues Bündel dort auf der Bank lag. Er schritt durch das Schlafhaus hindurch auf die Bank zu und griff in den Mantel.

Gretter stemmte seine beiden Füße fest gegen die Bankpfosten und hielt das Kleid stramm über sich.

Empfohlene Zitierweise:
Dagobert Schoenfeld: Gretter der Starke. Schuster & Loeffler, Berlin 1896, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gretter_der_Starke.pdf/97&oldid=- (Version vom 1.8.2018)