Seite:Grimm Linas Maerchenbuch II 036.jpg

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„Ja,“ sagte der Wirth, „da hat’s freilich keine Noth. Seht, der Stein heißt aber der Drachenstein, und da müssen wir alle Neumond die Jungfrau darauf stellen, die zuletzt in der Zeit von Neumond zu Neumond in der Stadt sechzehn Jahre alt worden ist. Die wird dann von einem fürchterlichen, siebenköpfigen Drachen mit Haut und Haaren verschlungen. Thun wir es aber nicht, so hat der Drache gedroht, über unsere Stadt und alle Städte und Dörfer des Reiches zu kommen, und aus seinen sieben Köpfen Feuer zu speien, und alles zu verschlingen, was ihm unter seine vierzehn Feueraugen kommt. Darum werden allemal am ersten Tage nach dem Neumond schon wieder für’s nächstemal die Register von den Jungfrauen durchsehen, die in der Zeit ihr sechzehntes Jahr erreichen. Und die Jüngste kommt dann auf den Drachenstein. Seht, nun ist aber in den letzten vier Wochen gerade allein des Königs einzige Tochter sechzehn Jahre alt worden, und so muß diese heute Mittag hinausgeführt werden. Und die solltet Ihr erst sehen. Sie ist ein wahres Muster aller Jungfrauen an Schönheit und Tugend.“

Darob verwunderte sich Brunnenhold, und sprach: „Jetzt begreife ich, warum solche Trauer herrscht in Eurer Stadt. Aber sprecht, war denn noch kein Mann in Eurem Lande so beherzt, der es wagte, den Drachen zu erlegen?“

„Ja, erlegt Ihr!“ antwortete der Wirth, „das ist

Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_036.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)