Seite:Grimm Linas Maerchenbuch II 107.jpg

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Als er so weit in seinem Liede kam, da sah er die Würmer gähnend ihre Rachen aufreißen, und dann schlossen sie noch horchend die Augen. Während dem sang Adelbert aber weiter:

Und der Lindwurm liegt im Kreise,
Um ihn her mit seiner Brut,
Horcht begierig seiner Weise,
Und dem Knaben schwillt der Muth,
Singt sein Lied aus voller Brust. –
Das Gewürm in sel’ger Lust
Schließt der grellen Augen Lieder,
Sinket schnarchend vor ihm nieder –
Zither, klinge fort und fort!
Sei fortan sein Zauberwort!“

Und als er das Lied ausgesungen, da war’s auch so, wie es im Lied heißt. Die Lindwürmer lagen hingesunken in tiefem Schlafe, und schnarchten, und der Giftqualm stieg zuweilen in blauen Flämmchen aus ihren Nasenlöchern empor.

Da kam Leuthold wieder von der Stadt herunter; denn er hatte von den flüchtigen Arbeitern und Hirten gehört, der Lindwurm sei mit seiner Brut aus der Höhle hervorgebrochen, und gewiß habe er schon den fremden Junkherrn mit der Zither verschlungen, der unten ganz nahe an seiner Höhle gesessen. Als aber Leuthold näher herab kam und sah, wie sein Junkherr ruhig und singend in Mitte des giftigen Gewürms saß, und rüstig die Saiten rührte, da rief er ihm in entsetztem Erstaunen zu: „Was, Junkherr? mein

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Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)