Seite:Grimm Linas Maerchenbuch II 155.jpg

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Und so es uns an einem Orte übel gehet, und auch an dem Nothwendigsten gebricht, so können wir nicht frei über die Erde hin schweben, und uns von oben herab aussuchen, was uns wohl gefällt. Dann müssen wir erst langsam fortkriechen, und es hängt mehr von Zufall als von unsrer Geschicklichkeit ab, wenn wir, ehe wir gar verhungern und verschmachten, an einen Ort kommen, der uns darbeut, was wir nicht entbehren können. Und was wir dann finden, das muß uns genügen. Ach!“ klagte sie weiter, „was wird aus mir werden? Der See wird vollends ganz austrocknen, und mein Leben wird mit ihm eintrocknen. Denn wir Schildkröten sind einmal dazu gewöhnt, von Jugend auf unser halbes Leben im Wasser zuzubringen, noch mehr als ihr Schwimmvögel. Ihr habt sogar drei Elemente, in welchen ihr leben könnt, ihr schwimmet im Wasser, ihr schwebet in der Luft, ihr gehet auf der Erde. Aber ich? – daß sich der Himmel erbarme! – ich komme allein im Wasser von der Stelle, auf dem Boden beweg’ ich mich nur langsam. Und so ist denn mein Tod gewiß. Denn weit herum ist kein Wasser mehr. Ich bin sonst weit herum gekommen in der Gegend und nirgend hab’ ich Wasser angetroffen. Wie soll ich nun, da ich schwach und krank bin von dem Wassermangel und von der Sonnenhitze, noch weiter herum laufen? Ich weiß, ich muß verschmachten, ehe ich noch eine

Empfohlene Zitierweise:
Albert Ludwig Grimm: Lina’s Mährchenbuch, Band 2. Julius Moritz Gebhardt, Grimma [1837], Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimm_Linas_Maerchenbuch_II_155.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)