Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 002.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

‘Wann da willst mein Schätzchen sein,
Will ich dir geben hell, hell Wässerlein.’

‘Ja doch, ich will dein Schätzchen sein’, sagte die Prinzessin, ‘schaff mir nur reines Wasser!’ Sie dachte aber: ‘Was schadet dir das! Du kannst ihm ja leicht aus Gefallen so sprechen, ein dummer Frosch kann doch nimmermehr mein Schatz sein’. Der Frosch aber war wieder ins Wasser gesprungen, und als sie nun zum zweitenmal schöpfte, da war das Wasser so klar, daß die Sonne ordentlich vor Freuden darin blinkte. Sie trank sich recht satt und brachte ihren Schwestern noch mit hinauf; ‘Was seid ihr so einfältig gewesen und habt euch vor dem Frosch gefürchtet!’

Darnach dachte die Prinzessin nicht weiter daran und legte sich abends vergnügt ins Bett. Wie sie ein Weilchen darin lag und noch nicht eingeschlafen war, da hört sie auf einmal etwas an der Türe krabbeln und darnach singen:

‘Mach mir auf, mach mir auf!
Königstochter jüngste,
Weißt du nicht, wie du gesagt,
Als ich in dem Brünnchen saß,
Du wolltest auch mein Schätzchen sein,
Gäb ich dir hell, hell Wässerlein?’

‘Ei, da ist ja mein Schatz, der Frosch’, sagte die Prinzessin; ‘nun, weil ichs ihm versprochen habe, so will ich ihm aufmachen’. Also stand sie auf, öffnete ihm ein bißchen die Türe und legte sich wieder. Der Frosch hüpfte ihr nach und hüpfte endlich unten ins Bett zu ihren Füßen und blieb da liegen, und als die Nacht vorüber war und der Morgen graute, da sprang er wieder herunter und fort zur Türe hinaus. Am andern Abend, als die Prinzessin wieder im Bett lag, krabbelte es wieder und sang an der Türe. Die Prinzessin machte auf, und der Frosch lag, bis es Tag werden wollte, wieder unten zu ihren Füßen. Am dritten Abend kam er, wie an den vorigen. ‘Das ist aber das letztemal, daß ich dir aufmache’, sagte die Prinzessin, ‘in Zukunft geschiehts nicht mehr.’ Da sprang der Frosch unter ihr Kopfkissen, und die Prinzessin schlief ein. Wie sie am Morgen aufwachte und meinte, der Frosch sollte wieder forthüpfen, da stand ein schöner junger Prinz vor ihr, der sagte, daß er der bezauberte Frosch gewesen und daß sie ihn erlöst hätte, weil sie versprochen, sein Schatz zu sein. Da gingen sie beide zum König, der gab ihnen seinen Segen, und da ward Hochzeit gehalten. Die zwei andern Schwestern aber ärgerten sich, daß sie den Frosch nicht zum Schatz genommen hatten.

In einer dritten Erzählung aus dem Paderbörnischen (aus der Familie v. Haxthausen in Bökendorf) gibt der Königssohn,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_002.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)