Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 064.jpg

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im weißrussischen aus dem Gouv. Minsk (Šejn 2, 200 nr. 93) und aus dem Gouv. Kursk (Afanasjev³ 2, 414 nr. 248, var. s) eine goldene Uhr. In einem weißrussischen Schwank aus dem Gouv. Mogilev (Šejn 2, 200 nr. 94) bringt der Bauer dem Kaiser einen Goldklumpen, den er im Keller ausgegraben, und läßt sich dafür Brot, Branntwein und Fleisch bringen, dann zum Tanz aufspielen und Erbsenstroh zum Lager holen; für die Unordnung, die er im Palast angerichtet, verlangt er hundert Stockschläge, die Hälfte aber gebühre dem General. Einfacher bei Federowski 3, 231 nr. 461, wo der Bauer für das goldene Ei hundert Streiche fordert und seine Hälfte dem Juden abtritt. Anderwärts (Mater. i prace kom. język. 2, 8 nr. 2; Malinka S. 369 nr. 93) bringt der Bauer dem Herrn die verlorene goldene Tabaksdose. Ähnlich (Edelstein) aus dem Gouv. Archangelsk bei Afanasjev³ 2, 436. In einer slovenischen Erzählung aus den Görzer Alpen (Nar. pripov. v Soških planinah 3, 27 nr. 2 = Gabršček S. 327 nr. 43) erhält ein Junge, der Feigen verkaufen soll, von der Mutter Gottes für drei Feigen eine Pfeife, nach der alles tanzen muß, ein Tischleindeckdich und ein Glas, das alle gewünschten Getränke spendet; er verkauft dann die übrigen Feigen einer Frau in der Stadt für hundert Stockschläge, die er unter die Wachen verteilt und verkauft. In der kroatischen aus Warasdin Kres 4, 36 nr. 4 = Krauß 1, 246 nr. 32 schlägt der Mann die Prinzessin aus, die er zum Lachen gebracht, und dafür sollen ihm 500 aufgezählt werden; ähnlich aus Oberungarn Etnogr. Zb. 3, 146 nr. 7. Wieder anders leitet ein serbischer Schwank aus Bosnien (Bosanska Vila 6, 94) ein: der Sultan schenkt einem Knaben einen Dukaten; der aber will ihn nicht nehmen, weil seine Mutter sagen würde, er habe ihn gestohlen oder der Sultan habe ihm mehr gegeben, und wird zum Sultan geladen. Finnisch in Aarnes Register nr. 1610.

Die älteste Gestalt des Schwankes scheint die zu sein, daß der Bauer selbst einen Teil der Schläge erhält und der Rest an die Diener verteilt wird. So ist es bei Bromyard, wo dem Bauern leichtere Schläge zugemessen werden, im Pfarrer von Kalenberg, in einem kleinrussischen und weißrussischen Schwank, so auch in den orientalischen Fassungen der 1001 Nacht (Henning 8, 69. Chauvin 5, 282. Kalif Harun und ein Spaßmacher), Mas’ûdi (Les prairies d’or 8, 163. Revue des trad. pop. 12, 675), Kantemir (Flögel, Hofnarren S. 176. R. Köhler 1, 495¹: Nasr-Eddin vor Timurlenk. Cardonne,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_064.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)