Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 106.jpg

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Großrussisch bei Afanasjev³ 2, 152 nr. 148 = Goldschmidt S. 85 ‘Das weiße Entchen’ = A. Meyer 2, 114 (D²˙⁴ F). Eine Hexe verwandelt die Königin in eine Ente und tötet die drei Kücken, die sie ausgebrütet hat. Als die Unholdin an die Tür kommt und fragt, ob die Kinder schlafen, antwortet das eine Entlein:

Wir wachten, weil wir dachten,
Man wolle uns schlachten.
Heißes Feuer sie machten;
Brodelts im Kessel,
Sie schärfen die Messer.
S ist besser, wach zu bleiben,
Sich die Zeit zu vertreiben.[1]

Die klagende Entenmutter wird vom König ergriffen und erlangt in seinen Händen die Menschengestalt wieder; die Kinder werden mit Lebenswasser aus dem Elsternnest besprengt und die Hexe an einen Pferdeschwanz gebunden. In einer ausführlichen Version der Kosaken im Terekgebiet am Kaukasus (Sbornik mater. Kavkaz. 16, 1, 181) besucht die junge Frau mit Mann und Kind die Stiefmutter, die sie in einen Luchs verwandelt und ihre Tochter unterschiebt. Die Wärterin trägt das schreiende Knäblein in den Garten, vernimmt von einem Häschen die Verwandlung und sagt dies dem Prinzen, der die Luchshaut verbrennt. – Kleinrussisch aus Galizien im Etnograf. Zbirnyk 13, 125 nr. 315: die Schwiegertochter soll im Januar Ziegen weiden und Himbeeren holen, erhält Hilfe von einem am Feuer sitzenden Greise; als die Schwiegermutter hingeht, wird sie samt den Ziegen versteinert. Eine Erzählung aus dem Gouv. Černigov bei Rudčenko 2, nr. 18 hängt an das Motiv von Einäuglein (nr. 130) einen hergehörigen Schluß an: die Kaiserin wird im Bade von der Stiefschwester in einen Hecht verwandelt, den später ihr Gatte fängt und durch Schläge wieder zurückverwandelt. Ahnlich aus dem Gouv. Poltawa bei Kuliš, Zapiski 2, 23 = Kuliš, Ukrajin. nar. predanija S. 83, wo der Herr, als die von der Stiefmutter zu einer Ziege verwandelte Frau ihr Kind säugt, die Haut ins Feuer wirft. Bei Čubinskij 2, 434 nr. 133 wird des Mannes Mutter vom Frost beschenkt, seine Schwieger aber umgebracht. – In der weißrussischen Fassung bei Gliński 1, 186 nr. 11 führt ein Hahn


  1. Die Verse klingen an die zu nr. 11 angeführte Klage des verwandelten Bruders an.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_106.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)