Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 133.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

griechischen Seher Melampus vergelten die Schlangen seine Wohltat, indem sie ihm die Ohren auslecken, worauf er die Stimmen der Vögel versteht; gleiches wird von Kassandra berichtet (Apollodor 1, 9, 11. Plinius 10, 137. 29, 72. Schoemann, Opuscula 2, 351. Eckermann, Melampus und sein Geschlecht, 1840. Marx, Griechische Märchen 1889 S. 109). Im griechischen Märchen bei Hahn 1, 236 nr. 37 verschluckt der Drache den Königssohn, um ihn die Tiersprache zu lehren, und speit ihn dann wieder aus. Nach irischem, mährischem und armenischem Volksglauben verleiht der Genuß von vierblätterigem Klee und andrem Kraut diese Kenntnis (Le Braz, La légende de la mort 1, 3. Kolář-Kochovský S. 48. Macler p. 108), nach estnischem (Kreutzwald S. 14. 242) ein Kuchen oder Zaubertrank. In der großrussischen Sage (Sadovnikov S. 331) leckt Stenka Rasin an dem Stein, den er im Leibe des von ihm erlegten Ungeheuers Volkodir gefunden, und erfährt alles, was in der Welt vorgeht. Die Fähigkeit, die Tiere zu verstehn, kann auch wieder verloren gehen; in bretonischen Sagen (Sébillot, Traditions 2, 224. Sébillot, Contes des Landes p. 180) bläst die Hexe dem Manne, der von ihrer Schlangenspeise gekostet hat, in den Mund; in kroatischen (Kres 5, 29 nr. 36) schabt sie ihm die Krötentunke von der Zunge; in kleinrussischen spuckt der Herr dem vorwitzigen Diener in den Mund (Etnograf. Zbirnyk 6, 150 nr. 345. 12, 215 nr. 208); in weißrussischen erschlägt er ihn sogar (Federowski 1, 101 nr. 306. Ähnlich Etnograf. Obozr. 29–30, 114). Oder er reicht ihm einen Vergessenheitstrunk aus Beifuß (Artemisia vulgaris. Nowosielski 1, 354. Russkaja Besěda 1856 3, 5, 83 = M. A. Maksimovič, Sobr. sočinenij 2, 497. Hrinčenko 2, 121 nr. 90), bekreuzt oder bestreicht ihn mit einem Zaubermittel (kroatisch in Zbornik juž. Slav. 7, 279. 10, 225).


    (entstellt). Großrussisch: Afanasjev³ 2, 124 nr. 139. Chndjakov 1, 135 nr. 38. Zap. Krasnojarsk. 1, 92 nr. 47. Kleinrussisch: Etnogr. Zbirnyk 4, 99 nr. 18. 4, 96 nr. 17. Dragomanov S. 75 nr. 20. Šuchevyč S. 160 nr. 100. Manžura S. 72. Weißrussisch: Federowski 2, 38 nr. 39. Romanov 4, 140 nr. 81. 4, 217 nr. 63. Dobrovoljskij S. 354 nr. 7. – Finnisch: Aarnes Register nr. 670 und Zs. f. Volkskunde 19, 299. Ungarisch: Jones-Kropf p. 301 nr. 53. Katona, Keleti Szemle 2, 45. – Weitere Literatur geben Chauvin, Basset, Katona, Aarne, R. Köhler 2, 610 und W. Klinger, Lud 15 (1909). Über die auch bei Petrus Alfonsi, Disciplina clericalis p. 35 auftretende Weisung, sich an dem zehn Frauen meisternden Hahne ein Beispiel zu nehmen, vgl. W. Grimm zu Freidank 145, 11 und R. Köhler, Zs. f. dtsch. Altertum 21, 144.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_133.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)