Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 149.jpg

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1557 Bl. 18a (nr. 5 ‘Von einem könig, schneyder, rysen, einhorn und wilden schwein’ = Montanus, Schwankbücher, hsg. von J. Bolte 1899 S. 19, vgl. Anm. S. 560; über die erste Ausgabe Wickram, Werke 3, 393) entlehnt, in der 2. Auflage angefügt und darum auch umgeschrieben; in der ersten Auflage 1812 nr. 20, I stand ein unveränderter Abdruck der Fassung des Montanus. Vgl. auch Hamann, Die literarischen Vorlagen der KHM 1906 S. 24.

Wir unterscheiden folgende Teile: A. die Prahlerei des Fliegentöters: Sieben auf einen Streich, – B. die Überlistung des Riesen bei den Kraftproben durch den zerdrückten Käse (B¹), den emporgeworfenen Vogel (B²), das angebliche Tragen der Eiche (B³), den angeblichen Sprung über den Kirschbaum (B⁴) und das Verlassen des Bettes (B⁵), – C. die im Auftrage des Königs vollführte Tötung zweier Riesen (C¹), eines Einhorns (C²) und eines Wildschweins (C³), – D. die Hochzeit mit der Königstochter (D¹), die Entdeckung seiner Herkunft durch diese (D²) und die Verscheuchung des ihm auflauernden Soldaten (D³), – E. den Kriegszug, bei dem er sich an ein Wegkreuz oder einen Baum anklammert und diesen ausreißt.

Auf die öfter gedruckte Erzählung des Montanus (ACD), die 1592 in niederdeutscher Mundart im Wegekörter nr. 1 (Niederdeutsches Jahrbuch 20, 135–138) erschien, gehen die meisten späteren Bearbeitungen und Anspielungen zurück. Doch schon 1527 wirft Luther (Werke 23, 167 Weimar. Ausg.) seinen Gegnern vor, daß ‘sie meinen, alles was sie ergreifen mügen, wenns gleich ein Strohalm were, es sey Spies und Schwerd, und sich lassen duncken, sie schlahen damit allemal tausent auff einen Schlag tod’. 1575 sagt Fischart in der Geschichtklitterung (cap. 46, S. 405 ed. Alsleben): ‘Ich will euch tödten wie die Mucken, neun in eim Streich, wie jener Schneider’ und 1577 in der Flöhhatz v. 667: ‘Hörst nicht vom tapfern Schneiderknecht, Der drei in aim Streich tödtet schlecht?’ In einem Dialog auf den Krieg des Gebhart Truchsess von 1593 (Berliner Ms. germ. fol. 759. Bl. 16a) spottet der Narr:

Mein sich doch ahn den hypschen Gsellen!
Er ist ein Kriegsmann außerkhoren,
Man soltt ihn krönen mit Eselßohren;
Er ist ein rechter Eißenbeysser,
Großer Fratthanß und Pflaumenscheisser;
Syben in eim Streich auff eim Hauffen
Erschlagen würdt undt vor ihn lauffen.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_149.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)