Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 274.jpg

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Bambus, Geige, Mädchen), nr. 24 ‘Die Geschichte zweier Kinder’ (die Geige des Bettlers singt: ‘Die Schwester ging zum Wasser, sie wurde Königin; der Bruder ist zerrissen, die Affen fraßen ihn’) und nr. 28 ‘Die Zwillinge’ (umgebracht durch die Nebenfrauen ihres Vaters, werden zu Blumen und, als der Vater naht, zu Menschen). Bei Bompas S. 388 nr. 155 wächst auf der Stelle, wo die Brüder das Mädchen dem Teichgott geopfert haben, ein Bambus, aus dem ein Mann sich eine Flöte anfertigt; ein Santal stiehlt diese und merkt, daß sie nachts sich in ein Weib verwandelt; da ergreift er sie, und sie bleibt fortan Mensch. Ebd. S. 478 nr. 20 fällt der Vater den Bambus, der auf dem Grabe seines von den Stiefbrüdern getöteten jüngsten Sohnes gewachsen ist, und der Knabe kommt hervor. Ebd. S. 472 nr. 15 macht ein Bettler aus den Bambusrohren, die aus dem Grabe zweier Knaben entsprossen sind, zwei Flöten; als der Vater diese hört, kommen die Knaben daraus hervor.

Ein berberisches Märchen bei Rochemonteix, Oeuvres div. p. 431 ‘Le roseau et le tambourin parlants’ verbindet mit unserm Stoffe den geschwätzigen Barbier des gehörnten Königs (R. Köhler 1, 587) und die dankbare Schlange (Benfey 1, 173); die mit der Haut des Ermordeten bespannte Trommel ruft: ‘Mein Bruder hat mich umgebracht wegen der Gazelle und ihres Jungen.’ – In einem Betschuanen-märchen (Casalis, Etudes sur la langue Séchuana 1841 p. 93 = Les Bassoutos 1859 p. 355 = Magazin des Auslands 1842 S. 73 = Kletke, Märchensaal 3, 387 ‘Der Mord des Massiloniane’ = E. Chasles, Contes populaires de tous pays p. 231; Revue des trad. pop. 2, 367. Monseur, Bull. 1, 109) ziehen zwei Brüder aus, ihr Glück zu versuchen. Der jüngere gewinnt einem Riesen eine große Herde Kühe ab, in der sich eine Kuh befindet, die weiß ist wie der gefallene Schnee. Er kommt mit dem älteren Bruder wieder zusammen, der nur eine Herde Hunde erworben hat. Dieser verlangt jetzt die weiße Kuh, und als sie ihm versagt wird, ermordet er hinterlistig den jüngeren bei einem Brunnen. Alsbald sitzt auf dem Horn der weißen Kuh ein Vöglein und verkündigt, was geschehen ist. Der Mörder zerschmettert das Vöglein mit einem Steinwurf, aber es erscheint wieder auf dem Horn. Er tötet es abermals, verbrennt es und zerstreut seine Asche in den Wind. Das Vöglein zeigt sich zum drittenmal und spricht: ‘Ich bin das Herz des Getöteten, mein Leichnam ist bei der Quelle in der Wüste.’ Ähnlich ‘Masilo und Masilonyane’ im South-african folk-lore Journal 1879,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_274.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)