Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 366.jpg

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die Erdwichtele bei Meier, Sagen aus Schwaben nr. 64, 3 dadurch, daß man ihren Namen ruft.

2. Die Taufeinladung zu den Unterirdischen wird in Pommern ausführlicher erzählt: Als zwei Mägde im Garten arbeiteten, grub die erste eine dicke Kröte heraus, der sie mit dem Spaten den Kopf abstoßen wollte; die andre aber war mitleidig und sagte: ‘Laß doch das arme Tier leben!’ Nicht lange darauf kam ein kleines Männchen im braunen Rock in die Küche und brachte beiden Mädchen einen Gevatterbrief, in dem sie zur Taufe bei den Unterirdischen geladen wurden. Da der Pastor nichts dagegen hatte, gingen sie am Sonntag hin und stiegen die Treppe hinab zu einem hell erleuchteten Saale. Nach der Taufe setzten sie sich an die Tafel; da schlug die Gottlose von ungefähr die Augen auf und sah zu ihrem Schrecken einen Mühlstein an einem seidenen Faden gerade über ihrem Haupte hängen[1]. Die Wöchnerin aber sagte: ‘Es soll dir kein Leid geschehen. Sieh, als du neulich im Garten mich mit dem Spaten töten wolltest, da hing mein Leben an einem seidenen Faden, und so hängt auch das deine jetzt daran.’ Zum Abschied gab sie beiden Mädchen eine Hand voll Hobelspäne, die sich später in Gold verwandelten. – So Kuhn-Schwartz S. 321 nr. 2; ähnlich Jahn, Volkssagen aus Pommern nr. 80 und 90. Aus Brandenburg bei Engelien-Lahn 1, 118 ‘De Farraschtant’; aus Mecklenburg bei Niederhöffer 4, 20 und Bartsch 1, 50 nr. 70, 3. 1, 90 nr. 98; aus Hannover bei Busch S. 28 nr. 13 und S. 130 nr. 36; aus dem Vogtlande bei Eisel nr. 77. 78. 418 (ohne Mühlstein); aus Holstein bei Müllenhoff S. 289 nr. 387; aus Ostpreußen bei Keusch, Sagen des Samlandes 2. Aufl. S. 17 = Firmenich 1, 110. – Schwedisch bei Hyltén-Cavallius, Wärend och Wirdarne 1, 272 (Liebrecht, Zur Volkskunde S. 333). Rußwurm, Eibofolke 2, 257. – Wendisch bei v. Schulenburg, Volkssagen S. 299. A. Černý S. 315 nr. 163–166 (Kröte, Frau des Wassermanns). – Slovinzisch: Lorenz S. 29 nr. 30. – Čechisch:


  1. Der an das Schwert des Damokles (R. Köhler 2, 558. 565. Gesta Romanorum c. 143. Etnograf. Obozr. 31, 5) gemahnende Mühlstein am Faden begegnet auch in Schatz- und Erlösungssagen: Rochholz 1, 255. Lütolf S. 294. Baader 2, nr. 27. 34. Meier, Sagen aus Schwaben nr. 4, 1. Panzer 1, 214. Witzschel 1, nr. 120. Kuhn, Westfälische Sagen 1, 70. Schell S. 302. 589. Bartsch 2, 351. Laistner, Nebelsagen S. 233. Kamp, Danske folkeæventyr 1, 173.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_366.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)