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Großherzoglich Hessisches Ministerium des Innern : Großherzoglich Hessische AusführungsVO zur GewO

Ziff. 3 G.O. (§ 248 nachstellend) getroffen hat und nur insoweit Gebrauch zu machen, als nach Lage der örtlichen Verhältnisse die Zeit bis 9 Uhr abends an einzelnen Tagen zur Befriedigung des kaufenden Publikums, insbesondere zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, nicht ausreicht. In Frage kommen vornehmlich die Tage vor dem Weihnachtsfeste und - insbesondere für Gemeinden mit stärkerer Arbeiterbevölkerung - die Sonnabende. Bei der Zulassung der Ausnahmen ist darauf hinzuwirken, daß sich das Publikum allmählich daran gewöhnt, seine Einkäufe regelmäßig in der Zeit bis 9 Uhr abends zu bewirken. Die Zahl der Tage, an denen ein späterer Ladenschluß bis 10 Uhr abends gestattet wird, ist daher mit der Zeit zu beschränken.
Die Regelung muß für alle offenen Verkaufsstellen einheitlich erfolgen. Im übrigen finden die Bestimmungen des § 246 dieser Verordnung entsprechende Anwendung.

§ 248.

Dem Ermessen der Kreisämter bleibt die nähere Bestimmung darüber überlassen, inwieweit für Städte, die nach der jeweilig letzten Volkszählung weniger als 2000 Einwohner haben, und für ländliche Gemeinden, sofern sich in diesen der Geschäftsverkehr vornehmlich auf einzelne Tage der Woche oder auf einzelne Stunden des Tages beschränkt, Ausnahmen von dem gesetzlichen Ladenschlusse zuzulassen sind. In Frage kommt namentlich die Sommer- oder Erntezeit, in welcher für die Landwirtschaft vielfach ein Bedürfnis besteht, insbesondere in Lebensmittelgeschäften in früher Morgenstunde oder in später Abendstunde Einkäufe zu machen.

§ 249.

Vereinbarter Ladenschluß (§ 139f G.O.).Darüber, ob und in welchem Umfange dem Antrag auf Erlaß der im § 139f Abs. 1 und 2 G.O. bezeichneten Anordnung zu entsprechen ist, haben die Kreisämter zu befinden. Dabei ist zu prüfen, welche Ausnahmen von dem 8 Uhr-Ladenschluß für bestimmte Tage oder Geschäftszweige, etwa erforderlich sind. Solche Ausnahmen können, sofern sie sich später als notwendig herausstellen, auch nachträglich zugelassen werden. Es empfiehlt sich, die Ausdehnung des Ladenschlusses so zu regeln, daß für verwandte Geschäftszweige die Zeit des Ladenschlusses gleich ist. Das Kreisamt ist auch zur Aufhebung der Anordnung befugt.

§ 250.

Wegen des Abstimmungsverfahrens wird auf die Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend das Verfahren bei Anträgen auf Verlängerung der Ladenschlußzeit, vom 25. Januar 1902 (R.-G.-Bl. S. 38) verwiesen. ,,Gemeindebehörde" im Sinne des § 2 Abs. 1 dieser Bekanntmachung ist die Bürgermeisterei.

§ 251.

Gemeinschaftliche Bestimmungen (§ 139f Abs. 4 G.O.). Die Ortspolizeibehörden werden ermächtigt, das Feilbieten von Waren auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen und an anderen öffentlichen Orten während der Zeit des vereinbarten Ladenschlusses an Werktagen in folgendem Umfange zuzulassen:
a. das Feilbieten von Back- und Konditoreiwaren, von Mineralwasser und Limonade, sowie von Blumen, Streichhölzern, Ansichtspostkarten und geringwertigen Gebrauchsgegenständen, insoweit es bisher schon während dieser Zeit üblich war;
b. das Feilbieten von Lebensmitteln, Blumen, geringwertigen Gebrauchsgegenständen, Erinnerugszeichen und kleinen Spielzeugen und ähnlichen Gegenständen bei öffentlichen Festen, Truppenzusammenziehungen und sonstigen außergewöhnlichen Gelegenheiten.
Für die Sonn- und Festtage gelten die Bestimmungen in § 147 dieser Verordnung.