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und Unstimmigkeiten. Im übrigen würde aber Gott Mammon durchaus auf seine Rechnung kommen, denn nach jedem Kriege tritt bekanntlich eine Hochkonjunktur ein, die man gerade gebrauchen konnte.

Also, wenn es hoch kommt, dann könnte der Krieg drei Monate, allenfalls ein halbes Jahr dauern. Man durfte eben nicht vergessen, daß ein moderner Krieg drei Dinge erheischt: Geld, Geld und nochmals Geld. Geld ließ sich aber gewiß zu vernünftigeren Dingen verwenden, als zum Kriegführen. War man doch so schön im Zuge: die Industrie stand im Zeichen der Hochkonjunktur, die Neugründungen schossen wie Pilze aus der Erde, man schloß sich zu Syndikaten und Trusts zusammen; der Handel blühte, die Landwirtschaft gedieh und verhieß der Industrie und dem Handel neue unerschöpfliche Ressourcen, kurzum, es war eine Lust zu leben, und nun sollte all die Herrlichkeit ein jähes Ende finden, weil irgend ein Serbe den österreichischen Thronfolger ermordet, und England, oder Gott weiß wer, dabei die Hand im Spiele gehabt haben soll? Das wäre doch unsinnig gewesen!

So dachten Tausende und Hunderttausende, immerhin konnte man sich aber eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren, denn wenn der Krieg auch nur drei Monate oder ein halbes Jahr dauerte, so würden Verluste doch nicht zu vermeiden sein, — man mußte sich also vorsehen. Andererseits konnte man aber nur zu leicht einberufen werden, wenngleich man doch ein Hintertürchen finden konnte; so etwas läßt sich eben mit einigen Hundertern, oder schlimmsten Falles, Tausendern erledigen. Man kennt das ja. Man mußte eben die Dinge an sich herantreten lassen und die Fassung bewahren, man war ohnehin nervös geworden und das Geschäft begann auch einen zappeligen Gang anzunehmen …

Schon seit Wochen und Monaten gärte es in der Arbeiterschaft, in deren Köpfen allerlei wirtschaftliche und politische

Empfohlene Zitierweise:
Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)