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herum und er gehörte bereits sozusagen zu ihrem eisernen Inventar, das man immer wieder hervorholte, wenn die revolutionäre Armee sich gar zu absurd zu gebärden begann.

Zu alledem kam dann noch, daß das vorher erwähnte Communiqué des Generals Parski vom Rigaschen Soldatenrate, dem „Iskosol“, nach wenigen Tagen in aller Form widerlegt wurde. Während der kommandierende General die Lage als sehr ernst geschildert hatte, erklärte der von jungen jüdischen Juristen geleitete „Iskosol“, daß die Lage zu keinerlei Befürchtungen Anlaß gebe. Wo die Wahrheit lag, war um so schwerer zu ergründen, als niemand wußte, wer die Armee kommandierte, General Parski, oder der „Iskosol“ in der Person seines ausführenden Komitees.

Unter diesen Umständen darf es nicht verwundern, daß man den Unkenrufen auch dann nicht recht glaubte, als es plötzlich hieß, daß verschiedene Militärinstitutionen den Befehl erhalten hätten, Riga zu verlassen, und diese in der Tat packten und abzogen, — wie es sich erwies, ins Blaue hinein, denn nach einigen Tagen erfuhr man, daß verschiedene dieser Institutionen weder in Wenden, noch in Walk oder Dorpat Unterkunft gefunden hatten, sondern gezwungen waren, in Waggons zu kampieren. Es hieß sogar, daß sie demnächst wieder zurückkehren würden. Man wußte eben, daß die russische Heeresverwaltung mit Evakuationen mitunter sehr rasch bei der Hand gewesen war, wie etwa gerade in Riga im Jahre 1915, als man die gesamte Industrie, die Glocken und die Denkmäler der Stadt evakuiert hatte, nur weil die Deutschen Olai erreicht hatten, ohne daß man ihr weiteres Vordringen hätte erwarten dürfen.

Das Leben in der Stadt ging daher trotz aller umlaufenden Gerüchte seinen gewohnten Gang, und wenn man den einen oder den anderen Stabsoffizier befragte, wie die Situation sich gestalte, dann erhielt man zuversichtliche Antworten, die im allgemeinen dahin gingen, daß es sich offenbar lediglich um eine groß angelegte Demonstration der

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/129&oldid=- (Version vom 1.8.2018)