Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/145

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dinge zu gewärtigen und beschloß daher, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Man verschloß vor allen Dingen die Haustüren und die Fensterläden und ergriff andere Maßnahmen zur Sicherung von Eigentum und Leben. In einigen Stadtteilen schritt man zur Bildung von Selbstschutz, doch war man insofern in Verlegenheit, als man nur über wenige Waffen verfügte, während die Räuberbanden bis an die Zähne bewaffnet waren.

Während man noch verhandelte und Rat zu schaffen suchte, hieß es plötzlich, die Deutschen seien da, und es vergingen keine zehn Minuten, da sah man in der Tat die ersten Kübelhelme in der Ferne auftauchen. Nun atmete man erleichtert auf, denn es war klar, daß man nun nichts mehr zu fürchten hatte.

Es hatte sich erwiesen, daß, während die Stadt von den Marodeuren heimgesucht wurde und der unter den maximalistischen Fahnen vereinigte gebildete und ungebildete Janhagel sich anschickte, die Nachlese zu halten, die Deutschen bereits in der Mitauer Vorstadt erschienen waren. Die ersten deutschen Trupps sind dort schon um neun Uhr morgens gesehen worden, von der Mitauer Vorstadt gelangten sie, Hasenholm als Deckung benutzend, auf Böten, ein paar Schleppdampfern und über die gesprengten Eisenbahnbrücken in die innere Stadt.

Zu irgend nennenswerten Straßenkämpfen ist es nicht gekommen, denn wenn sich auch in der Stadt noch einige tausend russische Soldaten aufhielten, so waren diese entweder mit Plündern beschäftigt, oder aber sie hielten sich versteckt und krochen erst später aus ihren Schlupfwinkeln hervor, in denen sie sich schon seit Wochen als Deserteure, die sich mit Diebstahl, Raub und noch schlimmeren Dingen befaßten, verborgen gehalten hatten.

Riga war sozusagen ohne Schwertstreich den Deutschen ausgeliefert worden, wenngleich man immer wieder versichert hatte, daß die Deutschen nur über die Leichen ihrer

Empfohlene Zitierweise:
Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/145&oldid=- (Version vom 1.8.2018)