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Panik

Man lebte still und friedlich in der Sommerfrische, in Finnland, in Peterhof, am Rigaschen Strande oder auf seinen Gütern, wie stets um diese Jahreszeit und genoß die bescheidenen Freuden des Datschenlebens, das den Berufsmenschen für die Strapazen des Winters stärken muß. Aber wenn man früher die einlaufenden Zeitungen gewöhnlich bei Seite gelegt hatte, um sie „später“ zu lesen, so konnte man nun das Eintreffen der Post nicht erwarten und man studierte die Blätter mit großem Eifer, um auf dem Laufenden zu bleiben, denn es sah verflucht ernst aus.

Und da hatte man dann schließlich auch die Bescherung, — der Krieg war erklärt worden! Man stand vor unbegrenzten Möglichkeiten. Die Leute, die aus der Stadt in den Sommerfrischen eintrafen, brachten die neuesten Nachrichten aus der Residenz mit, sie lauteten aufregend genug. Vor allen Dingen wußte man doch nicht, auf welche Seite sich das trügerische Albion schlagen würde, davon hing aber unendlich viel ab. Konnte man einen Überfall der deutschen Flotte auf Petersburg gewärtigen? Höchst wahrscheinlich, denn Menschikow hatte doch in der „Nowoje Wremja“ oft genug über die Möglichkeit eines solchen Überfalles gesprochen, und wenn nun noch die Engländer sich auf die Seite der Deutschen schlugen!

In der Stadt schwirrten in dieser Beziehung die verwegensten Gerüchte. Man glaubte zu wissen, daß die deutsche Flotte bereits in der Ostsee sei und mit Volldampf voraus

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)