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bot sich ein Anblick von unvergeßlicher Großartigkeit: soweit das Auge reichte, sah man die Stadt von einem brodelnden Feuermeer umkränzt; nach Westen und Nordwesten konnte man drei Feuerringe unterscheiden, am übrigen Horizont sah man nur in großer Ferne hellen Feuerschein oder drohende Rauchwolken aufsteigen, der ausgedehnteste Feuerherd schien in der Richtung des zweiten Weidendammes zu verlaufen, sehr stark brannte es auch an der Petersburger Chaussee; von dorther hörte man auch noch immer dumpfe, schwere Detonationen erschallen. Zum Teil waren das noch Sprengungen, zum Teil aber die Detonationen der Granaten, die aus Dünamünde aus schwerkalibrigen Geschützen auf die Petersburger Chaussee gefeuert wurden und unter der fliehenden Menschenmenge furchtbare Verheerungen angerichtet haben sollen.

Erst jetzt, nach Eintritt der Dunkelheit, zeigte sich der Brand der Lagerhäuser, wenn man sich so ausdrücken darf, in seiner ganzen elementaren Schönheit. Er spielte in allen Nuancen vom dunklen Karmin bis zu einem stechenden Goldgelb. Hier züngelten die Flammen noch hoch auf und spiegelten sich in den dunklen Wassern der Düna, die mitunter aufglühten wie flüssiges Erz, dort verglommen qualmend, oder hell brennend die letzten Überreste wie ein riesiges Kohlenfeuer. Von dem hellen Hintergrund der Brandstätten hoben sich die Silhouetten der dunklen Häusermassen scharf umrissen ab.

Es war, wie gesagt, ein unvergeßliches Bild, das die Kriegsfurie mit gewaltigem Pinselstriche in Flammenzügen hingeworfen hatte.




Bevor die Lagerhäuser am Güterbahnhof in Brand gesteckt und gesprengt wurden, durfte die Bevölkerung sich von den aufgespeicherten Vorräten nehmen, was sie mochte. Das ließ sie sich natürlich nicht zweimal sagen. Es war verwunderlich,

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/150&oldid=- (Version vom 1.8.2018)