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Verbrauch und den Handel durch polizeiliche Vorschriften regulieren zu können, während ihre verfehlten Maßnahmen nur dazu beitrugen, den herrschenden Wirrwarr zu vergrößern. Wenn die Regierung den Versuch machte, den Preis für irgendeine Ware zu regulieren, so verschwand diese sofort in der Versenkung und war fortan nur noch zu erhöhten Preisen erhältlich.

Ein Kapitel für sich, und zwar ein sehr unerfreuliches, bildeten die Transportschwierigkeiten, die weniger in der Unzulänglichkeit des russischen Eisenbahnnetzes, als in der Verkommenheit der schlecht besoldeten und noch schlechter kontrollierten Eisenbahner zu suchen sind. Da die Bahnen von Militärtransporten sehr stark in Anspruch genommen waren und die Betriebsleitung auf ihnen sich nie durch Zweckmäßigkeit ausgezeichnet hatte, so mußte die Beförderung von Privatfrachten natürlich auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten stoßen, die von Leuten, die mit den Landesverhältnissen genügend vertraut waren, ohne weiteres dadurch aus dem Wege geräumt wurden, daß sie das gute Wort von dem guten Schmieren und dem ditto Fahren ins Praktische übersetzten, d. h. die Beamten „schmierten“, was freilich ein Heidengeld kostete, aber doch sicher zum Ziele führte. Dank diesem System kam die Frachtzahlung eigentlich gar nicht mehr in Betracht, — was konnten bescheidene 30 oder 40 Rubel gegenüber Schmiergeldern im Betrage von vielen Hunderten oft sogar tausenden Rubeln pro Waggon bedeuten! Das Unwesen der „Schieber“ war trotz allen strengen und strengsten Vorschriften nicht auszurotten, was sehr verständlich ist, denn Eisenbahner, deren Gage allenfalls 60, oder wenn es hoch kam, 110 Rubel monatlich betrug, konnten in einem Monat spielend einige Tausende verdienen, ohne sonderlich viel zu riskieren, — der Mensch muß eben nur ein wenig Glück haben und sich auf die notorische Nachlässigkeit seiner Vorgesetzten verlassen können, oder aber schlimmsten Falles mit diesen Vorgesetzten Halbpart

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Oskar Grosberg: Russische Schattenbilder aus Krieg und Revolution. C. F. Amelang, Leipzig 1918, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:GrosbergRussischeSchattenbilder.pdf/47&oldid=- (Version vom 1.8.2018)