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ROSEN DISTELN UND HÄNSCHEN

Röschen aus der Hecke blickt.
     „Ei, das muß ich brechen!“
Hänschen doch ist ungeschickt,
     Und die Dörnlein stechen.

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Aus der Hand des jungen Mann’s

     Kommt das Blut geronnen:
Seinen Finger taucht der Hans
     Seufzend in den Bronnen.

Saß ein Seherweib am Born,

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     Sprach mit weiser Zunge:

Keine Rose ohne Dorn –
     Merk’ dir das, mein Junge!“

Hänschen glättet sein Gesicht,
     Dreht dem Strauch den Rücken,

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Weil die dumme Rose sticht,

     Disteln sich zu pflücken!

Disteln haben gleichen Stolz –
     Unbescheid’ne Dinger!
Ach! schon sitzt der Stichebolz

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     Tief in Hänschens Finger.


Hänschen, sei doch nicht so dumm!
     Willst du dich erbosen?
Dreh dich lieber noch mal um,
     Pflücke wieder Rosen!


nach Rudolf Baumbach

Empfohlene Zitierweise:
Hanns von Gumppenberg: Das teutsche Dichterroß. Callwey Verlag, München 1929, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gumppenberg_Dichterross_0043.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)