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DIE ENTDECKUNG
Ein Seelenstand

Langsam schlenderte er, ganz langsam. Beinahe langweilig. Schritt um Schritt querauswerfend, links, rechts, und wieder rechts. Und um die Ecke, und wieder zurück. Ganz langsam.

Wie gesagt: beinahe langweilig.

Die Maximiliansstraße hinauf, und wieder zum Hofgartentor. Und wieder, und dann zurück, und wieder zurück. – Aber endlich, vor dem Tor, die Schritte zusammenwerfend, querein, hielt er an, sah hinauf und hinunter, hinunter und hinauf, und wieder, lange. Und dann streckte er sich und gähnte.

Gähnte.

Gähnte schwelgend, langausarbeitend, mit Behagen, beinahe.

Und da kam etwas Reinigendes, Zufriedenstellendes.

Erst nur wie Ungeduld, und so unbestimmt.

Aber doch etwas.

Etwas wie Ärger, daß er mit plötzlichem Antrieb die Halbschuhe scheuern ließ, rasch und rascher, wieder queraus.

Aber dann blieb er dennoch stehen. Denn jetzt wußte er es immer deutlicher.

Das heißt: es wollte kommen. Es keimte herauf, mit ersten weißgrünen Hoffnungsspitzen, durch die schweren Schollen seiner Empfindung, zerbröckelnd, siegreich.

Es war ein Wunsch, ja. Ein Verlangen, beinahe.

Und da war es wieder, wahrhaftig!

Und wuchs immer höher.

Höher.

Leider. Denn es war ihm noch nicht klar.

Empfohlene Zitierweise:
Hanns von Gumppenberg: Das teutsche Dichterroß. Callwey Verlag, München 1929, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gumppenberg_Dichterross_0133.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)