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ihnen genommen, zerstört durch den eigenen Landesvorstand. Wenn es noch ein Gegner gewesen wäre, der ein solches Unheil angerichtet, es wäre leichter zu verschmerzen gewesen.

In letzter Stunde stellte die Volkspartei in der Person des politisch vollständig unbekannten B.[ws 1] einen Kandidaten auf und das Wahlresultat war, die politische Null B. kam mit Kegelmaier in die Stichwahl und wurde in dieser zum Abgeordneten gewählt. B. mag sich dafür, daß dies so wurde, falls er es nicht schon getan hat, nachträglich bei unserem damaligen Landesvorstand bedanken.

So geht es eben im Leben, „kleine Ursachen große Wirkungen“. Eine kleine Gewerbegerichtswahl und ein superkluger Landesvorstand verhinderte vor 15 Jahren die Eroberung eines Landtagsmandats, um das wir heute noch kämpfen.

Wie diese Affäre endete, höre ich die geneigten Leser fragen. Nun die beiden Organisationen verschmolzen sich in Bälde wieder, die jüngere, die überhaupt nicht lebensfähig war, ging gegen den Willen Rs. und einiger Anderer in der älteren auf. R. und Genossen bildeten eine Anarchistengruppe und wurden so ihr eigener Herr. R. selbst bereiste kurze Zeit darauf mit einem Gleichgesinnten unser engeres Vaterland, machte in Anarchismus und schimpfte dabei in allen Tonarten auf die Sozialdemokratie.

Da es aber in der Anarchistengruppe einige wirkliche Anarchisten gab, tat es auch hier nicht lange gut, man verprügelte sich in Bälde, nicht mit Worten, sondern mit Fäusten und als die Sache vor den Kadi kam, denunzierte R. dem Richter seinen Genossen als Anarchisten.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Carl Betz (1852–1914)
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/121&oldid=- (Version vom 1.8.2018)