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Der Appell hatte Erfolg, wie wir uns selbst überzeugten. Eine halbe Stunde später war der Marktplatz fast vollständig leer und wir begaben uns beruhigt nach Hause und ins Bett, da wir an nichts Schlimmes mehr dachten.

Da, kurz vor dem Einschlafen, es mochte seit unserer Heimkehr eine gute halbe Stunde verstrichen sein, drang es wie fernes Brausen an unser Ohr. Zuerst glaubten wir an eine Täuschung, aber es wiederholte sich in kurzen Zwischenräumen, es war kein Zweifel mehr möglich, es war nochmals was los. Gleich darauf wurde die Klingel an unserer Glastüre beinahe abgerissen und als geöffnet wurde stand unser Genosse Sch., der Rosenwirt, mit blutendem Kopf und der inzwischen verstorbene Genosse S. vor der Tür und berichteten: „Ganz Heilbronn ist in Aufruhr!“ Komme und suche die Leute zu beruhigen. „Wie ist das möglich?“ fragte ich, „der Marktplatz war doch soweit leer, als ich nach Haus ging.“

Der Kegelmaier ist mit seinen Anhängern von der „Harmonie“,[ws 1] wo sie Siegesfeier hielten, auf den Marktplatz marschiert und dieser hatte sich in kurzer Zeit wieder gefüllt. In bekannt schneidiger Weise, ohne daß sich das Mindeste ereignet hätte, forderte er die Anwesenden zum Verlassen des Platzes auf und als dem nicht sofort Folge geleistet wurde, die Aufforderung wurde von vielen gar nicht gehört, ließ er durch die alarmierte Weckerlinie die Hydrantenschläuche auf die Menge richten, die gar nicht wußte, wie ihr geschah.

Das machte natürlich die Getroffenen wild und unglückseliger Weise lag in dem Sackgäßchen bei der „Rose“, durch eine Straßenumpflasterung

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das Gesellschaftshaus Harmonie von 1876
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)