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Weingärtnerstochter zur Frau, daher die Anhänglichkeit des Standes.

Jede Gruppe warb eifrigst für ihren Kandidaten. Das Komitee für Kegelmaier, an der Spitze der Heisere, machte einen Höllenspektakel. Der Wahltag war auf einen Montag angesetzt. Die Woche vorher erschien jeden Tag ein Flugblatt dieses Komitees, manchmal auch sogar zwei. Sämtliche hiesigen Zeitungen waren mit Aufrufen und Anpreisungen Kegelmaiers vollgepfropft. Heute erfuhr die Wählerschaft, daß Kegelmaier die Kandidatur abgelehnt habe, und morgen, daß er sie wieder angenommen. Diese Komödie wiederholte sich nicht weniger denn fünfmal.

Es war der reinste Fastnachtsrummel, der von diesem Komitee und von Kegelmaier selbst aufgeführt wurde. Kein ruhig Denkender nahm die Kandidatur Kegelmaiers mehr ernst. Ruhig Denkende gab es aber bis zum Wahltag nicht mehr viel, wie der Wahlausfall zeigte.

Kein Mensch wagte sich an den gestrengen Staatsanwalt heran. Nur von unserer Seite wurde eine gründliche Abrechnung, sowohl mit ihm, als mit seinem Komitee gehalten.

In einer großen Versammlung im Theatersaal, am Samstag vor der Wahl, die auch von Anhängern Kegelmaiers stark besucht war, wurde die Hauptabrechnung vorgenommen. Es wurde der Wählerschaft gezeigt, welche Narrenpossen Kegelmaier und sein Komitee bisher in diesem Wahlkampf aufgeführt hatten. Kegelmaier selbst wurde im richtigen Lichte geschildert, es wurde nachgewiesen, daß er sich zum Stadtvorstand absolut nicht eigne.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/88&oldid=- (Version vom 1.8.2018)