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Stadtschultheißen und dieser Ortsgewaltige löste unter stürmischem Protest der Versammelten auf, weil unser Kandidat die Verlängerung der Legislaturperiode von drei auf fünf Jahre eine reaktionäre Maßregel nannte. Hier mit dem gleichen Erfolg wie in Löchgau, dreiviertel der Wähler Bietigheims stimmte damals sozialdemokratisch.

In Frankenbach war der damalige Ortsgewaltige, der zugleich Landtagsabgeordneter für das Oberamt war,[ws 1] Ueberwacher der Versammlung. Diese Ordnungssäule glaubte ein Uebriges tun zu müssen. Er löste schon auf, ehe unser Kandidat zum Wort kam, bei ein paar kurzen Worten, die der Eröffner und Leiter der Versammlung sprach. Auch hier stürmischer Protest der Anwesenden, die auf unsere Aufforderung, in einem anderen Lokal ein Stündchen beisammen zu sein, uns wie ein Mann dahin folgten.

Der Ortspascha, der die Unvorsichtigkeit beging uneingeladen auch dorthin zu folgen, bekam manche bittere Pille zu schlucken. Es wurde ihm bedeutet, daß, da es sich um keine Versammlung hier handle, er genau soviel zu sagen habe wie jeder andere Gast.

Auf klobige Bemerkungen seinerseits wurde er gefragt, ob er sich diese Bildung im Landtag angeeignet habe. Diese Lektion scheint bei dem Gewaltigen gefruchtet zu haben, denn ich habe ihn in keiner späteren Versammlung mehr gesehen. Das Resultat auch dieser Auflösung war eine Verdoppelung unserer Stimmenzahl.

Es würde zu weit führen alle Auflösungen hier zu registrieren. Nur noch eine, die von

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Friedrich Reichert (1824–1907)
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/98&oldid=- (Version vom 1.8.2018)