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a. KURSCHWERT FRIEDRICHS DES STREITBAREN VON SACHSEN (1425)

Griff: Knauf konisch zugespitzte Scheibe von Bergkristall, auf den Spitzen kleine Scheiben, je mit dem Reichsadler und den vereinigten Wappen von Ungarn und Böhmen in Goldemail. Gehilze, mit vergoldetem Silberdraht, in der Mitte verstärkt, Parierstangen, in Form von gedrehtem Astwerk, Eisen mit vergoldetem Silber plattiert, die Taschenscheibe von Silber, ehemals emailliert.

Klinge: stark zugespitzt, mit zwei Blutrinnen, Wolfsmarke in Messing.

Scheide: mit rotem Samt bekleidet, schräg umwickelt mit einem Band von vergoldetem Silber, das Ranken von farbigem Drahtemail und Bordüren von gotisierenden Blättern aufweist. – Gesamtlänge: 117 cm, Länge der Klinge: 90 cm.

Inv. der Rüstkammer 1567, Fol, 77: Ein Schwerdt mitt einem Kreuz vonn gewundenen ehstenn die mit Silber überzogenn, auch mit einer silberen taschen, das hefft mit silberen tratt bewundenn, einen Knopf von einer weisenn Cristall in Silbernn reifenn gefast, darauf des Römischen Hungerischen und Behemischen Königs Wappen geschmelzt. Die Scheide vonn Rothen Sammett, ist durchaus mitt Silbernen geetzten bünden überzwerg, die auf beidenn seidenn laubwergk haben unbwunden, und ist solches alles vergultet, doch alters halben sehr verblichenn.

Die Waffe, seit 1680 in den Inventaren bis 1836 nur „ein altes Schwert“ genannt, von Quandt (1834) und Frenzel (1850) nicht erwähnt, wird zuerst von Erbstein (Beschreibung des K. Hist. Museums, 1889, S. 44) als das Kurschwert bezeichnet „mit welchem Kurfürst Friedrich der Streitbare, dem 1423 die Kurwürde übertragen worden war, durch Kaiser Sigismund am 1. August 1425 zu Ofen feierlich mit der Kur Sachsen belehnt worden ist“. Diese Behauptung ist, wie ersichtlich, nicht zu belegen; die Annahme muß aber, mit Hinblick auf die Form des Knaufes, die auf das frühe 15. Jahrhundert deutet, und die Technik des Scheidendekors, die von Friaul und Venedig in Südungarn eingeführt wurde, als begründet gelten. – Siehe: Josef Hampel, Das Kurschwert Friedrichs des Streitbaren (Zeitschr. f. histor. Waffenkunde I, 81). Nach ihm ist die Wolfsmarke hier nicht für Passau, sondern für Kaschau in Anspruch zu nehmen. (FHM. A 34.)

b. KURSCHWERT DES KURFÜRST MORITZ VON SACHSEN (1547)

Griff von Silber, Knauf, Parierstangen und -Bügel vergoldet. – Knauf, umgedrehter, abgeschnittener Konus mit flachgewölbter Deckplatte, mit Girlanden und Trophäen, oben Masken und Blättern, in Flachrelief, um die Angelspitze eine geöffnete Blüte. – Gehilze, in ähnlicher Proportion abgesetzt, ebenfalls mit Waffengruppen auf Maskensockeln (unten) und geflügelten Halbfiguren, von Vögeln umgeben (oben), dazwischen Lorbeerband. – Parierstangen: abwärts gebogene weibliche Halbfiguren mit nackter Brust, auf deren Köpfen vasenartige Ansätze mit grotesken Masken. An der Kreuzung gehörnte Medusen(?)köpfe. Ein Parierbogen mit Fruchtgirlande und kleiner Maske.

Klinge: mit flachem Grat. Oben vergoldete Ätzung, in Renaissanceornament. Inschrift rechts: Mein Leben und endt/Steht alles in Gottes hendt. Anno Dm MDXLVII; links: Wer mit dem schwert ficht. So (!) werden mit dem schwert gericht. Darunter eingeschlagen die Marke S.

Scheide mit Besteck (Messer und Pfriem), Silber getrieben und geätzt. Auf dem Wulst oben zwei Hände, die sich zwei Herzen reichen. Auf der leicht gewölbten Vorderseite acht figürliche Szenen übereinander, dazwischen reiches Bandwerk- und Rankenornament. Die wichtigsten Darstellungen, von oben nach unten: Herkules und Cacus, nach Aldegrever; Fruchtbarkeit, nach Aldegrever; geflügelte Fortuna, nach H. S. Beham; Symbol. Figur des Ehestandes, nach Fr. Marcolini, Temperantia, nach H. S. Beham, die Zeit, nach Aldegrever. Dazwischen noch die Hl. Barbara und ein türkischer Krieger. Die Ätzung der Rückseite nach Virgil Solis. Das Ortband, doppelte Satirmaske, vergoldet; ebenso die Beschläge der Besteckmesser. – Auf dem Griff (Brustschilder der weiblichen Figuren der Parierstange und an der Oberplatte der Kreuzmaske) dreimal, an der Scheide (Rückseite des zweiten Bandes) einmal die Marke des Nürnberger Goldschmiedes Lorenz Trunck (1500–1574), die Rosenberg, der Goldschmiede Merkzeichen, nicht anführt.

Inventar der Rüstkammer 1567, Fol. 76: Ein Churschwerdt mitt einem ganz Silbernen hefft Kreutz und Knopf und ist Kreutz und Knopff verguldet, alles von schoner gegossener Arbeitt, vonn welscher Kriegsrüstung und bildernn, mit einer ganz Silbernn scheiden, vonn gegossenem (!) biltwergk dorann der Hercules nackent wie ehr einen mit einer Keul erschlecht, sambt zweyen aufsteckern …

Im Ges.-Inventar 1689, I, S. 779, zu der Beschreibung des Schwertes, das hier nicht „Kurschwert“ genannt wird: „Welches Schwerdt Churfürst Moritzen zu Sachsen gewesen.“ Im Inv. der Kurkammer 1784, S. 109, dann weiter die (spätere) Anmerkung: „mit diesem Schwerdte ist Churfürst Moritz ao 1547 wegen der Chur Sachsen belehnt worden.“ Und so auch im Führer von Erbstein (1. Aufl. 1889, S. 45), bis Ehrenthal (1896, S. 92) hinzufügte: „welches 1548 bei der Belehnung zu Augsburg von Kaiser Karl V. gebraucht und Moritz verehrt wurde.“ Die feierliche Belehnung fand in der Tat erst am 24. Februar 1548 statt, obwohl schon am 4. Juni 1547, wenige Wochen nach der Schlacht bei Mühlberg Moritz die Kur nebst der Erzmarschallwürde von seinem dankbaren Kaiser übertragen worden war. Die Beziehung des Stückes zu Moritz taucht also erst anderthalb Jahrhunderte nach seiner Entstehung, die zu der Belehnung gar erst noch ein Jahrhundert später auf. Daß die Inschrift der Klinge mehr dem Gebrauch bei Richtschwertern entspricht, während die Hände mit den Herzen auf der Scheide auf Verlöbnis und Ehe deuten, wie auch die bunt zusammengewürfelten Allegorien ebenda eher in den Kreis der allgemeinmenschlichen Moral (Sieg der Tapferkeit über die rohe Naturkraft, Selbstbeherrschung, Mäßigkeit, Keuschheit) gehören, muß die Verwendung der Waffe zur inhaltsvollsten Zeremonie des politischen Staatslebens gewiß befremdlich machen. – Wie in dem Bau des Griffes noch die Form des gotischen Panzerstechers nachklingt, so ergießt sich in der Dekoration der Scheide der unbeherrschte Reichtum der aus vielerlei italienischen und deutschen Bildquellen gespeisten Frührenaissance. Die ganze Waffe zeugt nicht von starker schöpferischer Selbständigkeit ihres Meisters, wohl aber von hochentwickeltem technischen Können und gestaltungsfrohem Temperament. (FHM. E 575.)

Empfohlene Zitierweise:
Erich Haenel: Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer. Karl W. Hiersemann, Leipzig 1923, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Haenel_Kostbare_Waffen.pdf/128&oldid=- (Version vom 6.1.2019)