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Man betrachtete als solche Satzungen Gruppen zusammengehöriger Bestimmungen, sich, nicht ohne Willkür, auf gewisse allerdings richtige Beobachtungen stützend, und man erklärte die Kapiteleinteilung für unecht und später. Wir begnügen uns hinsichtlich der sogenannten Satzungen selbst mit Harnack festzustellen, dass sie Fabel sind und dass die Nürnberger Beschlüsse von Anfang an in Kapitel eingeteilt waren und verweisen auf die ausführliche Begründung jenes.[1]

Wichtiger erscheint es, einige durchaus auffällige Beobachtungen an der Struktur der G. B. und ihren Urkundenformen näher zu betrachten und schärfer hervorzukehren: Es ist in der That sonderbar zu nennen, dass man — ein einheitliches Gesetzbuch vorausgesetzt — die G. B. nur in der Form einzelner Urkunden zusammenstellen konnte.[2] Denn nachdem eine scheinbar für das ganze Gesetzeswerk gültige, bei näherer Prüfung sich aber auf Cap. 1 beschränkende Einleitung, der ein Gedicht noch vorangeht, vorausgestellt worden ist, beginnt doch Cap. 3 wiederum mit allen Formeln einer neuen vollgiltigen Urkunde, der erste auffällige Einschnitt, der uns auf Teilbestände in dem ganzen Gesetzeswerk hinweist: In nomine sancte … — ad perpetuam rei memoriam bietet neuen Titel, Invokation und Nebenformeln;[3] und eine neue Arenga schliesst sich mit decor et gloria sacrosancti … imperii daran. Verfolgen wir nun die Capitel der Reihe nach weiter, so bedeutet einen fast ebenso auffälligen Einschnitt wie III. Cap. VII., das uns mit inter sollicitudines illas innumeras etc. eine ganz ausgeprägte Arenga giebt. Gleich der Arenga ist hier auch die Einleitung ohne Bezug auf den folgenden Inhalt. Schon Cap. VIII bringt wiederum eine allgemein gehaltene Motivierung der Urkunde. Eine besondere Stellung hat dann Cap. XII mit einer arengaartigen Einleitung, die derjenigen von VII nahesteht.

Weitere Einleitungen, ohne Bezug auf den folgenden Inhalt, finden wir endlich in den Cap. 16, 20 und 21, freilich

  1. Harnack a. a. O. S. 174, 175.
  2. S. H. Friedjung: Karl IV. und sein Anteil am geistigen Leben seiner Zeit p. 85 f.
  3. z. B. die Devotionsformel divina favente clementia (statt dei gratia).
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Oscar Hahn: Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.. Breslau, 1902, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hahn_Ursprung_und_Bedeutung_der_Goldenen_Bulle.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)