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Capiteln über die einheitliche Königswahl gehört. Auch sie steht stark unter humanistischem Einflusse. Der ganze Stil mit seinen zahlreichen Apostrophen, die Mischung religiöser[1] und antikheidnischer Wendungen, die Form der gelehrten Anspielung in der Erinnerung an die Kämpfe des Pompejus und Cäsar, u. a. entsprechen durchaus der humanistischen Manier und Schreibart. Dazu mancherlei künstliche Verschränkungen der Wortstellung, lange Perioden und Verschnörkelungen des Stils zeigen jene eigentümliche Mischung von mittelalterlichem Latein und eben einflussreich werdenden Künsteleien der humanistischen Ausdrucksform, die gerade in der Weise, wie wir sie in der Einleitung der G. B. finden, uns eher abstösst als anzieht.

Bei weitem nicht so hervorstechend ist diese Manier im Ausdrucke bei den eigentlichen Urkunden der G. B. In einer freien Einleitung konnte sich die neue Art naturgemäss eher entfalten als in Urkunden, deren Form doch bei allen Wandlungen mehr dem Herkommen angemessen bleiben musste. Trotzdem werden wir auch in ihnen bestimmte Merkmale im Stil, in humanistischen und fremdsprachlichen Ausdrücken und überhaupt in der ganzen sprachlichen Ausdrucksform finden, die uns bestimmte Gruppen in den Urkunden feststellen lassen. Demgemäss werden wir a priori unser Augenmerk zu richten haben 1) auf Urkunden, bei denen die rein deutsch-mittelalterliche Ausdrucksform hervorsticht, 2) auf solche, deren Wortschatz durch Ausdrücke der humanistischen Sprache bereichert ist, 3) aber werden wir auch auf italienische Worte acht zu geben haben, wenn wir bedenken, dass die Kanzlei Karls einmal von Italien im allgemeinen beeinflusst wurde, als auch besonders mehrere Notare italienischer Herkunft unter sich hatte.

Die vorhandenen Protokolle der einzelnen Urkunden entsprechen durchaus der Kanzleireform, wie sie nach der Kaiserkrönung Karls sich vollzog.[2] So findet man divina

  1. Harnack: a. a. O. s. 141. Anm. führt folgende Citate und Anklänge aus der Bibel an: Matth. 12, 25, 15, 14. Joh. 11, 10. I. Corinth 13, 13. Offenbar. Joh. 1, 12; 2, 5; 4, 5.
  2. S. näheres bei Lindner: Das Urkundenwesen Karls IV. S. 126 ff.
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Oscar Hahn: Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.. Breslau, 1902, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hahn_Ursprung_und_Bedeutung_der_Goldenen_Bulle.pdf/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)