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nehmen. Wir sagten, dass darin nicht seine Fähigkeiten lagen und man wird wohl am besten thun, in diesem Punkte Karls ureigenste politische Absichten zu erkennen

Wie aber steht es nun mit der rein stilistischen Abfassung des Werkes? Erinnern wir uns hier wiederum der zwei stilistisch und sprachlich verschiedenen Gruppen in der Goldenen Bulle, so bleiben uns an sich mindestens zwei verschiedene Bearbeiter des Werkes, und für den einen Teil davon dürfte es in der That möglich sein, Johann von Neumarkt als den wahrscheinlichsten Verfasser zu bestimmen. Dieser Teil ist nämlich die Einleitung der G. B. mit dem vorausgeschickten Gedicht und die, wie oben gezeigt worden ist, sprachlich damit zusammenhängende kleinere Gruppe, der Kapitel humanistischen Charakters. Denn der selbstständige Teil des Gedichtes mit dem Namen der alten Mythologie, die Einleitung mit ihren Gedanken und ihrer Ausdrucksform, der eigentümlich humanistischen Mischung religiöser und antik-heidnischer Anspielungen, den zahlreichen Apostrophen, den Metaphern und der verschränkten Wortstellung entspricht so ganz und gar der humanistischen Schreibart und Manier, wie sie Johann von seinen italienischen Vorbildern gelernt hatte.

Ueber die oder den Mitarbeiter an der zweiten grossen Gruppe in der G. B. müssen wir uns mit der Wahrscheinlichkeit begnügen, dass auch er aus Karls Kanzlei stammte und der Sicherheit, dass er entweder aus Italien stammte, oder aber dort gebildet war.


Ergebnisse:
Die Goldene Bulle beruht nicht auf einem einheitlichen Antrage bezw. zwei solchen Anträgen des Kaisers, sie ist vielmehr zusammengeschoben aus Einzelanträgen und Einzelgesetzen, die sich z. T. noch deutlich abheben.
Es sind folgende Gruppen zu erkennen:
     humanistisch,     [WS 1] italienisch.

Königswahl a) Cap. 1, 18, 19, 2.

Die voraufgehende Arenga, die wohl nur für dieses Gesetz galt, ist humanistisch.

lex de ordine sessionis b) Cap. 3—6,

darin ist 5,2 vielleicht eine Konzession bezw. ein Antrag von kurfürstl. Seite.
  1. In der Vorlage steht hier eine Wellenlinie, mit der bestimmte Textstellen auf der nächsten Seiten kenntlich gemacht wurden. Aus technischen Gründen verwendet diese Edition einen Überstrich.
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Oscar Hahn: Ursprung und Bedeutung der Goldenen Bulle Karls IV.. Breslau, 1902, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hahn_Ursprung_und_Bedeutung_der_Goldenen_Bulle.pdf/52&oldid=- (Version vom 1.8.2018)