Seite:Hamburgische Kirchengeschichte (Adam von Bremen) 184.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Brüder verschleudert hatte, wegen Ermordung eines Diaconus abgesetzt, dann aber wieder in sein Amt eingesetzt war, und nun nichts mehr hatte, was er den Brüdern oder seinem Herrn zur Mahlzeit vorsetzen konnte, da entfloh er, von Gewissensangst ergriffen, dem Zorne des Erzbischofs, und so wurde die Propstei, indem sie in die Gewalt des Bischofs kam, durch Vicarien, die nur ihren eignen Vortheil suchten, damals auf eine klägliche Weise geplündert. Aehnliches geschah sämtlichen Stiftungen: während der Erzbischof auf die Pröpste ergrimmt war, diese aber gegen das Volk wütheten, wurden alle Güter der Kirche verschwendet.

Von diesem Verderben blieb allein frei das Hospital, welches, ursprünglich vom heiligen Ansgar begründet, darnach durch die Sorgfalt der nachfolgenden Väter der Kirche bis in die letzten Zeiten des Herrn Adalbert unangetastet und wohlbehalten blieb. Damals aber wurde unser Vicedominus, als ein treuer und kluger Verwalter, mit der Obhut über die Almosen der Armen beauftragt. Nun wage ich nicht zu sagen, welch eine große Sünde es ist, die Armen um das Ihrige zu betrügen, was einige kanonische Gesetze Kirchenraub, andere Menschenmord nennen; nur soviel ist mit Erlaubniß aller Brüder zu sagen vergönnt, daß in allen den sieben Jahren, die der Erzbischof nachher[1] noch lebte, aus jenem so berühmten und reichen Hospital der Kirche zu Bremen gar kein Almosen verabreicht ist. Dies aber erscheint namentlich auch darum als etwas beklagenswerthes, ja unmenschliches, weil damals noch dazu eine Zeit der Hungersnoth hereinbrach und auf den Straßen überall viele Arme todt gefunden wurden.

Während also unser Oberhirt nur auf den Hof seinen Sinn richtete, verheerten seine sehr frommen Stellvertreter den Schafstall ihres Herrn und hausten im Bisthume wie Wölfe, indem sie nur da Schonung übten, wo sie nichts zu nehmen fanden.

  1. Nach seiner Verweisung vom Hofe (siehe Kap. 46) im Jahre 1066.
Empfohlene Zitierweise:
Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte.Leipzig: Dyk'sche Buchhandlung, 1893, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hamburgische_Kirchengeschichte_(Adam_von_Bremen)_184.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)