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Benutzung der erfolgenden Angaben zu „anderen“ als statistischen Zwecken – insbesondere zu Steuerzwecken oder zur Kontrolle polizeilicher Meldungen – nicht eintreten werde. Andererseits kommt es wohl auch vor, dass die Volkszählungslisten nicht bloss für die statistische Ausbeutung benutzt werden, sondern dass sie nach Durchführung der Ausbeutung – so z. B. nach niederländisch-belgischem System – zur Anlegung und Fortführung ständiger Bevölkerungsregister zu allgemeinen Verwaltungszwecken benutzt werden; dann ist der vorbezeichnete Fall gegeben, dass primärstatistisches Material sekundär auch anderen Verwaltungszwecken dienstbar gemacht wird. Sehr umfassende primärstatistische Erhebungen kommen namentlich im Bereich der Wirtschafts- und der Sozialstatistik im engeren Sinn als besondere verwaltungsstatistische Aufgaben vor, so z. B. ausser den bereits erwähnten Berufs- und Betriebszählungen die umfassenden montanstatistischen, agrarstatistischen und gewerbestatistischen Spezialerhebungen, namentlich die Statistik der Bergbau- und Hüttenprodukte, die Anbau- und Erntestatistik, die Viehzählungen, die besonderen Gewerbestatistiken, insbes. die Statistik der gewerblichen Produktion (soweit solche nicht lediglich als Folge der Besteuerungskontrolle als sekundäre Statistik erwächst und als solche überhaupt gegebenenfalls fast ausschliesslich die gewerbliche Produktionsstatistik darstellt wie leider bisher in Deutschland; doch ist ersichtlich, dass in der allerneuesten Zeit im Zusammenhang mit dem in verschiedenen Ländern, insbesondere auch in England verstärkten und in tatsächlichen Ermittlungen betätigten Interesse an allgemeiner gewerblicher Produktionsstatistik auch für Deutschland die Ausgestaltung einer allgemeinen gewerblichen Produktionsstatistik doch wohl nur mehr eine Frage der Zeit ist).

Im einzelnen kann auch eine Kombination primär- und sekundärstatistischer Ermittlungen sich ergeben, sofern ein spezifisch statistisches Interesse Anlass zur Verfeinerung und Erweiterung sekundärstatistischer Massenbeobachtung gibt. Das ist z. B. der Fall, wenn wie z. B. bei den preussischen Sterbfallkarten zu einer zunächst aus Aktenmaterial ermittelten Feststellung noch Ergänzungsfeststellungen auf Grund von statistischer Sonderbefragung der in Betracht kommenden über die Sachlage informierten Personen stattfinden. In weiterem Sinn kann man hieher auch den anderen Fall rechnen, in welchem die verwaltungsmässige Beobachtungstätigkeit speziell aus statistischem Interesse über das Mass dessen hinaus erstreckt wird, was bei ausschliesslicher Berücksichtigung der an sich gebotenen besonderen Verwaltungsinteressen notwendig wäre. Dieser Fall liegt zum Beispiel bei der Statistik des auswärtigen Warenverkehrs vor, insofern nicht bloss für zollpflichtige sondern auch für zollfreie Waren in derselben positiven und genauen Ausgliederung der Ausweise wie für die zollpflichtigen Waren zu Zwecken der Statistik Ermittlungen angestellt werden. Rein verwaltungsmässig betrachtet, würde in diesem Fall die summarische negative Feststellung der Nichtzollpflichtigkeit genügen, wenn nicht gerade zum Zweck der Neuschaffung eines offiziellen, tatsächlich aber weit überwiegend nur statistischen Charakter tragenden Zollverwaltungsinteresses die Einrichtung der „statistischen Gebühr“ als einer Art Minimalzoll auch hier das, was in Wahrheit primärstatistischer Natur ist, mit dem Gewand des Sekundärstatistischen umkleidet hätte.

Die Gliederung der sekundären Verwaltungsstatistik gestaltet sich gemäss der ressortmässigen Gliederung und den einzelnen Aufgabekreisen der Staats-, Kommunal- und Zweckverwaltung. Im Ressort des Äussern pflegt im allgemeinen wenig selbständige Sekundär-Statistik entwickelt zu werden; auch die etwaigen Sonderveröffentlichungen in Weiss-, Blau-, Gelb- oder Rot etc. -Büchern pflegen nicht sekundäre Verwaltungsstatistik, sondern, soweit sie überhaupt Statistik enthalten, eher internationale Vergleichszahlen zu bringen. Als Material-Sammlung, nicht als Material-Schöpfung sind namentlich die Konsularberichte und die Berichte der technischen Gesandtschaftsattachées gelegentlich auch für die Statistik von Bedeutung. Bei den übrigen Staatsressorts ist in ausgiebigerem Masse durch spezielle Ausweise über deren fortlaufende Verwaltungstätigkeit Anlass zur Herstellung mehr oder minder entwickelter sekundär-statistischer Ausweise gegeben. Dabei kann man je nach dem Mass des veredelnden Eindringens gesteigerten statistischen Interesses an der Nutzbarmachung des fortlaufend anfallenden Aktenmaterials zwei mehr graduell als dem Wesen nach unterschiedene Gruppen auseinander halten. Es kann nämlich geliefert werden eine einfache Ausnutzung des Aktenmaterials zu summarischen Zahlenausweisen, die sog. Geschäftsstatistik, oder zweitens eine reichlicher ausgebaute

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 1. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_1.pdf/257&oldid=- (Version vom 31.7.2021)