Diverse: Handbuch der Politik – Band 1 | |
|
entstanden. Seitdem die Lords auch in einer solchen Frage im Jahre 1860 noch einmal eine selbständige Stellung eingenommen hatten, wurde es üblich, das gesamte Budget eines Jahres zu einer einzigen Vorlage zu formulieren, die dann, meinte man, vom Oberhause notwendigerweise angenommen werden müsse. Allerdings galt dabei die Voraussetzung, dass diese Vorlagen auch nur Finanzfragen, nicht aber andere Gegenstände der Gesetzgebung enthalten sollten. Das sogenannte „tacking“ war verpönt.
Aus dieser Frage ergab sich der gewaltige Streit zwischen den beiden Häusern, der im Jahre 1911 zu vorläufigem Abschlusse gekommen ist. Die Lords unterfingen sich, das Budget des Jahres 1909 abzulehnen. In den darin enthaltenen neuen Besteuerungsmethoden, welche in das soziale Leben der Nation tief eingriffen, erblickten sie das ungeheuerlichste Beispiel des tacking, das die Geschichte kenne. Der darüber entbrannte Streit zeitigte die Parlamentsbill des Jahres 1911, welche dem Oberhause nicht nur alles Recht in Finanzfragen abschnitt, sondern ihm für jegliche Gesetzgebung nur noch ein aufschiebendes Veto beliess. Zum Gesetz ist diese Vorlage nur dadurch geworden, dass die Regierung die königliche Prärogative anrief und einen ungeheuren Pairsschub ankündigte, falls die Lords die Vorlage nicht in allen Hauptpunkten unverändert annähmen. Die Zukunft wird lehren, ob es bei diesem Sturze der oberen Kammer sein Bewenden haben wird, oder ob die Konservativen, wenn sie von neuem zur Regierung gelangt sind, das Haus der Lords, wie sie schon erklären, in seine althistorischen Rechte wieder einsetzen werden.
Anmerkung WS: Text ist nicht gemeinfrei, Adalbert Wahl starb 1957.
Diverse: Handbuch der Politik – Band 1. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_1.pdf/412&oldid=- (Version vom 21.8.2021)