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Diverse: Handbuch der Politik – Band 1


b) Die Aufgaben des Staates in geschichtlicher Entwickelung.
Von
Dr. Hans v. Frisch
o. Professor der Rechte an der Universität Czernowitz.


Einleitung.

§ 1. Historischer Überblick über die Zwecktheorien.

1. Plato. Aristoteles. Cicero.
2. Augustinus. Thomas von Aquino.
3. Das Naturrecht.

§ 2. Die einzelnen Zwecktheorien.

1. Die eudaimonistisch-utilitarische Theorie.
2. Die ethische Theorie.
3. Die Rechtstheorie.
4. Relative Zwecktheorien.
5. Objektiv-partikulare Zwecktheorien.
6. Die Organtheorie.

§ 3. Kritik der wichtigsten Theorien.

§ 4. Die Zwecktheorie in der modernen Staatslehre.

Einleitung.

Seitdem menschliches Denken sich mit dem Staat beschäftigt, wird die Frage nach dem Zweck, nach den Aufgaben desselben immer wieder gestellt. Und mit Recht, denn die Frage nach dem Zweck einer menschlichen Institution ist grundlegend, so dass ihre Erklärung ohne Beantwortung der Zweckfrage oft gar nicht vollständig sein kann. So wenig es möglich ist, jemandem verständlich zu machen, was ein Tisch oder ein Stuhl sei, wenn man nicht den Zweck dieser Dinge hinzufügt, so wenig können auch soziale Einrichtungen ohne teleologische Erklärung verstanden werden. Dazu kommt, dass Verbände nur durch ihre Zwecke gerechtfertigt werden können. Wie der stets kritische Geist des Menschen an jede einzelne staatliche Massregel, an jedes Gesetz, jedes Polizeiverbot die Frage richtet, ob sie auch berechtigt seien, so stellt er von Zeit zu Zeit diese Frage auch an den Staat selbst; eine Rechtfertigung desselben aber kann nur gelingen, wenn seine Zwecke als gerechtfertigt angesehen werden. So treffen und trafen sich immer in diesem Punkt Theorie und Praxis, Wissenschaft und Politik. Die Theoretiker, die das Wesen des Staates zu ergründen strebten, bedurften der Zweckbestimmung nicht minder als die Staatsmänner und Vertreter politischer Parteien, die einzelne Staatsakte oder politische Forderungen zu rechtfertigen hatten. Darin liegt die Bedeutung der Lehre vom Staatszweck.

Wenige Probleme aus der allgemeinen Staatslehre aber haben so zahlreiche und so mannigfaltige Lösungen gefunden wie dieses. Das hat verschiedene Gründe. Zunächst ist bei der Frage nach den Aufgaben des Staates der subjektiven Auffassung des Einzelnen der breiteste Spielraum gelassen. Nicht nur jede politische Partei und jede soziale Gruppe in der Gesellschaft setzt dem Staat andere Zwecke, sondern auch die Erwartungen, weiche die einzelnen Individuen innerhalb der Parteien und Gruppen an den Staat stellen, gehen oft weit auseinander. Dazu kommt, dass die Frage nach den Aufgaben des Staates nicht absolut zu beantworten ist, sondern dass die Verschiedenheit

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 1. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_1.pdf/66&oldid=- (Version vom 7.7.2021)