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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Zeit besteht, bringt sie rund 40%. Dagegen ist sie in den deutschen Kleinstaaten, Herzog- und Fürstentümern, vielfach zu noch ausschlaggebenderer Bedeutung als in Preussen und Sachsen gediehen, so ruhen in Sachsen-Weimar 84% der gesamten Abgabensumme auf ihren „Schultern.“ Noch höher geht ihr Anteil in den beiden Reuss und in Schaumburg-Lippe. Pro Kopf der Bevölkerung der deutschen Bundesstaaten fordert sie bei einer gesamten Staatssteuerlast daselbst von insgesamt 15.33 Mark 8.42 Mark.

B) Spezial-Einkommens- und Ertragssteuern.

Eine Ergänzungssteuer auf Vermögenseinkommen findet sich in 9 Staaten, die den Uebergang von der alten Objektbesteuerung zum System der Personalbesteuerung am gründlichsten vollzogen haben, in Preussen, Sachsen, Baden, Hessen, Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Gotha und Schaumburg-Lippe. Die Kapitalrentensteuer, die in 7 Staaten erhoben wird, bringt nur in Bayern, Württemberg und Elsass-Lothringen grössere Erträgnisse. Die Grund- und Gebäudesteuern sind in Preussen und einigen anderen Staaten den Gemeinden überwiesen, dagegen haben sie in Bayern, Sachsen und Hamburg noch eine grosse Bedeutung. Von den andern direkten Steuern liefert namhafte Erträgnisse die Gewerbesteuer, welche besonders in Bayern, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Lübeck und Elsass-Lothringen stark ausgebildet ist. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer wird durch Zuschläge zur Reichserbschaftssteuer in Hessen, den Hansastädten und Elsass-Lothringen erhoben, ausserdem als Steuer von Abkömmlingen und zum Teil auch von Ehegatten in den Hansastädten und Elsass-Lothringen.

C) Sogenannte Verkehrs- (Geschäftsaufwands-) Steuern.

An Verkehrssteuern werden in den Bundesstaaten im wesentlichen nur eine Umsatzsteuer von Grundstücken und Stempelsteuern erhoben. Diese Steuern liefern vor allem in Preussen, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen und Braunschweig höhere Erträge, die Stempelsteuern insgesamt 8.21, die Umsatzsteuer 2.32% des gesamten Staatssteuerertrags.

D) Verbrauchssteuern.

Verbrauchssteuern werden in einigen süddeutschen Staaten erhoben. Unter ihnen ist die Brau- (Bier-) Steuer die wichtigste. Diese liefert in Bayern 47 v. H., in Württemberg 25 v. H., in Baden 22 v. H., in Elsass-Lothringen 18 v. H. des Gesamtsteuerertrags. In Norddeutschland tritt hier an die Stelle der Landessteuer die Reichssteuer. Neben der Brausteuer spielt hauptsächlich die Schlachtsteuer in Sachsen eine Rolle. Die andern einzelstaatlichen Aufwandsteuern zählen nicht. Es handelt sich hier im wesentlichen um Luxusabgaben und um die Hundesteuer, die, in Preussen, Sachsen, Württemberg den Kommunen überlassen, in Bayern nahe an 2% des Gesamtstaatssteuerertrags aufbringt.

2. Die Abgabensysteme der Einzelstaaten.

A) Preussen.

Der Aufstieg zu der die Situation „beherrschenden“ Höhe von heute ist für die Einkommensteuer in Preussen ein allmählicher gewesen, auf dem Wege über die Klassensteuer, über die sog. klassifizierte und dann die richtige, aber zunächst auf ganz unzureichenden Grundlagen erhobene Einkommensteuer. Miquel hat an Stelle der letzteren, neben welcher noch die Ertragssteuern erhoben waren, eine in ihren Ermittelungen halbwegs zuverlässige, die gegenwärtige Einkommensteuer gesetzt. In Zusammenhang mit der Erhebung des Wehrbeitrags, bei welchem Anlass Steuerfreiheit für die bisherigen Hinterziehungen gewährleistet wurde, dürfte die Einkommensteuer zu abermals grösserer Zuverlässigkeit gedeihen, um späterhin freilich –sobald der durch sehr hohe Steuerstrafen geschützte Wehrbeitrag nicht mehr erhoben wird – in der Sicherheit der Erfassung der steuerpflichtigen Einkommen wieder etwas zu verfallen, wenn nicht die für den Wehrbeitrag erhobenen Steuerstrafen durch die einzelstaatlichen Einkommensteuern übernommen werden.

Einkommen bis 900 Mark sind unter der Staatssteuer in Preussen steuerfrei, die Steuerskala beginnt bei über 900 Mark mit 0.63% und erreicht bei rund 10 000 Mark Einkommen 3, sowie bei über 100 000 Mark 4%. Durch Gesetz von 1909 ist behufs

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/112&oldid=- (Version vom 11.9.2021)