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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

die im Inlande keinen Sitz haben, sind mit ihrem inländischen Grund- und Betriebsvermögen beitragspflichtig. Beitragsfrei sind Gesellschaften mit geringen Gewinnen und unter gewissen Bedingungen solche inländische, die ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dienen.

Für die Veranlagung des Wehrbeitrags wird das Vermögen der Ehegatten zusammengerechnet, sofern sie nicht dauernd von einander getrennt leben. Bei Vermögen, das im Nutzgenuss steht, hat in der Regel der Eigentümer, bei Lehen, Fideikommissen und Stammgütern der Inhaber den Beitrag zu entrichten.

Steuerermässigungen treten in zwei Fällen ein: einmal um 5 v. H. bei Beitragspflichtigen, deren Vermögen 100 000 Mk. oder deren Einkommen 10 000 Mk. nicht übersteigt, für das dritte und jedes folgende minderjährige Kind; sodann um 10 v. H. für den dritten und jeden weiteren Sohn, der seine Dienstpflicht im Heer oder Flotte abgeleistet hat oder in den Jahren 1914–16 ableistet, sofern das Vermögen des Beitragspflichtigen nicht mehr als 200 000, oder sein Einkommen nicht mehr als 20 000 Mk. beträgt.

Die Steuersätze sind gestaffelt und steigen beim Vermögen von 0,15–1,5, beim Einkommen von 1–8 v. H. Ein bemerkenswerter Unterschied besteht zwischen der Besteuerung der Vermögen und der Einkommen insofern, als beim letzteren der betreffende Steuersatz vom ganzen Einkommen erhoben wird, während beim Vermögen sich der Steuerbetrag aus verschieden hohen Steuersätzen zusammensetzt. Die Abgabe vom Einkommen beträgt bei Einkommen bis 10 000 Mk. 1 v. H., erreicht bei 30–35 000 2, bei 40–50 000 3, bei 60–70 000 4, bei 80–100 000 5, bei 500 000 8 v. H. Wer also ein Einkommen von 45 000Mk. hat, hat 1350 Mk., wer 90 000 Mk. hat, 4500 Mk., wer 600 000 Mk. hat, 48 000 Mk. zu entrichten. Beim Vermögen stellt sich die Steuer für die ersten 50 000 Mk. auf 0,15, für die nächsten 50 000 auf 0,35, für die nächsten 100 000 auf 0,5,

für die nächsten 300 000 auf 0,7 v. H.
für die nächsten 500 000 auf 0,85 v. H.
für die nächsten 1 000 000 auf 1,1 v. H.
für die nächsten 3 000 000 auf 1,3 v. H.
für die nächsten 5 000 000 auf 1,4 v. H.
für die höheren Beträge auf 1,5 v. H.

Hat jemand z. B. ein Vermögen von 100 000 Mk., so zahlt er für 50 000 Mk. 0,15, für die zweiten 50 000 Mk. 0,35, im ganzen also 0,25 v.H. oder 250 Mk., bei 1 Mill. Mk auf 0,82 v. H. oder 7100 Mk. usw.

Die Veranlagung und Erhebung des Wehrbeitrages erfolgt durch den Bundesstaat, in dem der Pflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Jeder, der ein Vermögen von mehr als 20 000 Mk. oder bei mehr als 4000 Mk. Einkommen mehr als 10 000 Mk. Vermögen hat, ist verpflichtet, eine Vermögenserklärung abzugeben, in welcher die Vermögensverhältnisse nach dem Stand vom 31. Dezember 1913 klargelegt und die einzelnen Vermögensbestandteile mit Wertangabe aufgeführt werden. Die Veranlagungsbehörde prüft die Angaben und veranlasst gegebenen Falles weitere Erhebungen. Nach erfolgter Veranlagung gibt die Behörde dem Pflichtigen einen Bescheid über die Vermögensfeststellung und das Beitragssoll, den sog. Veranlagungsbescheid; ist das Vermögen, weil zu niedrig, beitragsfrei, so wird ein Feststellungsbescheid erteilt. Die Vermögensfeststellung ist zugleich massgebend für die künftige Veranlagung zur Besitzsteuer. Der Beitrag ist zu einem Drittel fällig mit der Zustellung des Veranlagungsbescheides und binnen 3 Monaten, das zweite Drittel bis zum 15. Februar 1915, das letzte bis dahin 1916 zu entrichten.

Aus den sonstigen Bestimmungen des Gesetzes sind noch bemerkenswert diejenigen über den Generalpardon, die auch in das Steuerwesen der Bundesstaaten und Gemeinden eingreifen. Darnach bleibt derjenige Steuerpflichtige, der bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag oder in der Zwischenzeit seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Veranlagung zu einer direkten Staats- oder Gemeindesteuer Vermögen oder Einkommen angibt, das bisher der Besteuerung entzogen war, von Strafe und Steuernachholung frei.

b) Die Besitzsteuer. – Die Steuer trägt ihren Namen nicht ganz mit Recht; denn nicht der Vermögensbesitz wird, wie beim Wehrbeitrag besteuert, sondern der Zuwachs, den der reine Wert des steuerbaren Vermögens in einem bestimmten Zeitraum, nämlich zwischen dem Anfang und dem Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums, erfährt.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/127&oldid=- (Version vom 11.9.2021)