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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Haushalt gesundes Leben hegt und pflegt, der Vergeudung und Zerstörung von Menschenleben entgegenwirkt, dem Persönlichen und Individuellen Geltung schafft, tut sie besonders Wichtiges für die nationale Wirtschaft, deren grösstes Gut der Mensch, seine Gesundheit, seine persönliche Tüchtigkeit ist. Gibt es doch ohne individuelle Vollwertigkeit keine Vollwertigkeit von Staat, Rasse und Gesellschaft.

Endlich darf nicht unerwähnt bleiben die umfassende gemeinnützige Tätigkeit der Frau als Hausfrau, die ebenfalls unserem Erwerbsleben zugute kommt. Auch auf diesem Arbeitsfeld ist heutzutage in der Zeit der verschärften sozialen Gegensätze die Mitarbeit der zielbewussten und doch liebevollen Frau unentbehrlich und erfreulicherweise in weitem Umfange vorhanden.

All diese in der Berufsstatistik nicht in die Erscheinung tretende Tätigkeit der Frau als Gattin, als Mutter, als Mitarbeiterin an den Werken der Nächstenliebe verdient eingehende Beachtung, will man die Beteiligung der Frau am deutschen Erwerbsleben richtig erkennen.

Schluss.

Im heissen Wettringen der Nationen ist die Siegespalme schliesslich derjenigen am sichersten, die über die grössten Reserven an körperlicher und geistiger Kraft, physischer und sittlicher Gesundheit gebietet. Nur ein Volk mit respektabler absoluter Volkszahl, mit besternährtem, organisch gepflegten Individuen, mit stark vertretenen jugendlichen Energien entfaltet auch die höchste Leistungsfähigkeit, die grösste Reproduktionskraft, die nachhaltigste Konkurrenzfähigkeit. Auf der Höhe staatsmännischen Horizonts erscheint, um mit Albert Schäffle zu reden, als oberstes Ziel nicht Reichtum und Tüchtigkeit Weniger, sondern grösste physische, materielle und moralische Kraft der Massen, des ganzen Volks. Damit ist der deutschen Politik klar vorgezeichnet, welcher Weg sich im Interesse des deutschen Volks empfiehlt.

Vor allem gilt es unser organisches Nationalkapital, die Bevölkerung, nach Quantität und Qualität zu erhalten und organisch weiterhin zu kapitalisieren. Im Vordergrund steht hier angesichts des bereits eingetretenen Geburtenrückgangs die Pflicht zur Kinder- und zur Frauenökonomie.

Durch Säuglings- und Jugendschutz muss für Lebenderhaltung aller Geborenen und für gesundes Heranwachsen derselben immer gewissenhafter und erfolgreicher gesorgt werden. Zugleich aber ist im Weg rationeller Rassenhygiene eine Verminderung der Erzeugung von Minusvarianten anzustreben.

Dem Weib, das ja in sich produktive und reproduktive Kraft vereinigt, kommt bei dieser Regeneration eine führende Rolle zu. Es genügt nicht bloss Wöchnerinnen- und Mutterschutz. Auch eine sachgemässe Regelung der weiblichen Arbeit überhaupt, die nicht Kinderscheu erzeugt, sondern einen Stolz auf Mutterschaft zulässt, und soziale Massnahmen zur Besserung der Fortpflanzungsauslese sind erforderlich.

Anderseits muss das Familienleben – dieser Jungbrunnen physischer, geistiger und sittlicher Kraft, dieses natürlichste Gefäss der Symbiose von Alt und Jung – gefördert, materiell erleichtert, weiter veredelt werden. Hierbei ist eine bessere Ausbildung der Frau für den Ehe- und Haushaltsberuf von erheblichem Belang. Auch die Wohnungsfrage in der Grossstadt, deren bisherige Gestaltung kinderreichen Familien die Existenz so sehr erschwert, verlangt energische Schritte, vor allem auf dem Gebiete der Bodenreform; hiermit würden zugleich eine Reihe sonstiger, mit der modernen Grossstadt zusammenhängenden Gefahren eingedämmt.

Die Fortführung und weitere Ausbildung der hygienischen Massnahmen erscheint gleichermassen im Interesse des Individuums wie im Interesse der Rasse geboten, und zwar um so mehr, als aus der grösseren Bevölkerungsdichtigkeit, aus der intensiveren Erwerbstätigkeit, aus der Zunahme von Nationalwohlstand und Zivilisation immer neue Schwierigkeiten und Gefahren der Entartung sich für die Rasse ergeben. Alle der Gesundheitspflege dienenden Einrichtungen dienen auch der Wohlfahrt. Gesundheit ist Reichtum. Die Tätigkeit eines Volkes in hygienischer Beziehung darf geradezu als Massstab gelten für die. Grösse seiner Fähigkeiten, in der Kulturgeschichte eine Rolle zu spielen, als Massstab dafür, wie viel gesunder Sinn ihm auch sonst

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/228&oldid=- (Version vom 22.9.2021)