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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2


I. Umfang und Charakter des Geburtenrückgangs.

Die Zahl der Geburten im Deutschen Reich beträgt 1912: 1 925 883 oder 29,1 auf je 1000 Einwohner und erscheint damit absolut und relativ geringer als früher. Absolut trafen am meisten Geburten mit 2 097 838 auf das Jahr 1901, relativ war die Geburtenziffer am grössten 1876: 42,6‰. Seit 1876 geht die relative Geburtenziffer mit geringen wellenförmigen Schwankungen stetig zurück und ebenso ist es mit der absoluten Geburtenzahl seit 1901.

In den 3 letzten Jahrzehnten fiel der durchschnittliche Wert der Geburtenziffer

1881/90 1891/1900 1901/10
von 38,18 auf 37,33 auf 33,94‰.
oder um 2,23% und um 9,08%.

Ähnlich verhält es sich mit der allgemeinen Fruchtbarkeitsziffer und der ehelichen Fruchtbarkeitsziffer. So kamen auf 1000 im gebärfähigen Alter stehende (15–50 Jahre alte) weibliche Personen folgende Zahlen von Geburten:

1881/90 1891/1900 1901/10
152,65 148,50 134,97
d. i. ein Rückgang um 2,72% und um 9,11%.

Auf 1000 Ehefrauen im Alter unter 50 Jahren kamen folgende Zahlen von ehelich geborenen Kindern:

1881/90 1891/1900 1901/10
267,93 258,71 231,11
d. i. ein Rückgang um 3,44% und um 10,67%.

Der starke Geburtenrückgang zeigt sich ausweislich der Reichsstatistik in allen Gebieten des Deutschen Reiches. Am stärksten war der Rückgang der Geburtenziffer und Fruchtbarkeitsziffer in Berlin, wo sie jetzt am niedrigsten ist; ausser Berlin haben niedrige Geburten- und Fruchtbarkeitsziffern Hamburg, Elsass, Provinz Brandenburg, Königreich Sachsen, Braunschweig, Anhalt, Reuss ä. L. und Lübeck. Verhältnismässig hohe Ziffern haben Posen, Westpreussen, Westfalen, Ostpreussen und Schlesien.

Diese Erscheinung des Geburtenrückgangs teilt Deutschland mit fast allen Staaten fortgeschrittener Kultur, nur der Grad des Rückgangs ist da und dort verschieden. Die ausführlichen tabellarischen Nachweise am Schluss dieser Abhandlung (S. 244 fg.) geben hierüber eingehenden Aufschluss. Hier sei zur Veranschaulichung der erwähnten internationalen Entwicklung folgende Übersicht mitgeteilt:

Staat Auf je 1000 Personen der Bevölkerung
kamen jährlich Lebendgeborene
Abnahme 1876/85 bis 1906/10 um ... % Auf je 1000 Frauen im Alter von 15–50 Jahren kamen jährlich Lebendgeborene
1876 bis 1885 1886 bis 1895 1896 bis 1905 1906 bis 1910 1876 bis 1885 1886 bis 1895 1896 bis 1905
Deutsches Reich 38•0 36•4 35•2 31•6 16,8 153 146 141
Österreich 38•4 37•6 36•4 33•7 12,2 149 148 145
Italien 37•3 36•6 33•2 32•7 12,3 148 149 138
England 34•2 30•9 28•6 26•3 23,1 135 118 104
Frankreich 24•9 22•7 21•8 19•9 20,1 099 089 085
Niederlande 36•1 33•8 32•5 29•6 18,0 150 142 133
Belgien 31•7 29•4 28•8 24•7 22,1 132 118 114
Schweden 29•7 28•1 26•4 25•4 14,5 119 117 110
Norwegen 31•0 30•3 29•2 26•4 14,8 127 125 119
Dänemark 32•1 30•5 29•4 28•2 12,1 133 128 118
Finnland 36•1 33•0 31•9 30•9 14,4 142 135 130
Schweiz 29•9 28•1 28•2 26•0 13,0 117 110 110
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/233&oldid=- (Version vom 22.11.2023)