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Gewerbe vorzubeugen, aber die Statistik ergibt, dass die Schiffahrt längst nicht mehr zu den gefährlichsten Gewerben gehört.

Auf die Reglementierung beschränkt sich die Einflussnahme des Staates nicht, sie äussert sich auch in anderer Weise, nämlich wirtschaftlich fördernd. Allerdings in den einzelnen Staaten in sehr verschiedener Weise. Einige Staaten, z. B. Frankreich, Russland, die Vereinigten Staaten, Japan, behalten die Küstenschiffahrt und die Schiffahrt nach den Kolonien der eigenen Flagge vor, wobei sie, wie wir gesehen haben, teilweise noch die Erwerbung des Rechts zur Führung dieser Flagge besonders erschweren. Deutschland, England und die skandinavischen Länder kennen eine solche Beschränkung nicht, die als ein Ausfluss des Protektionismus zu betrachten ist, und bezweckt, den eigenen Handel der nationalen Flagge zuzuführen. Diese Massnahme schafft Monopole und ist darum vielfach ein Hindernis und keine Förderung des Seehandels. Sie schafft namentlich dann Monopole, wenn sie, wie besonders in Frankreich, mit einem weitgreifenden Subventionssystem Hand in Hand geht.

Bei diesem hat man zwei verschiedene Arten, die auf verschiedenen Erwägungen beruhen, zu unterscheiden. Ausgehend von der Erwägung, dass das ganze Gewerbe als solches nicht genügend lohnend und konkurrenzfähig ist, um von selbst private Unternehmer heranzuziehen, bewilligen einzelne Staaten Prämien für die Betätigung in diesem Gewerbe überhaupt. Andere Staaten wünschen nur die Errichtung bestimmter Schiffahrtslinien zu ermöglichen, und bewilligen zu diesem Zweck besondere Unterstützungen, sog. Postdampfer-Subventionen. Während die Prämien nahezu bedingungslos, nur für die Betätigung im Gewerbe überhaupt, gegeben werden, sind die Subventionen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Es wird ausser der regelmässigen Beförderung der Post die genaue Einhaltung festgelegter Fahrpläne verlangt, die Einstellung von Schiffen von bestimmter Geschwindigkeit, eventuell auch bestimmter Grösse und Einrichtung, unter Umständen auch die Beförderung der heimischen Industrie durch entsprechende Bemessung der Frachten. Häufig werden auch beide Systeme zusammen angewandt. Genauere Angaben, deren Wiedergabe hier der Raum nicht gestattet, finden sich in den oben angeführten Schriften. Ich zitiere hier nur aus meiner 1909 veröffentlichten Schrift „Die Subventionen usw.“ das folgende. (Die Angaben sind in der unter I zitierten Schrift „Seeschiffahrt und Welthandel“ für spätere Jahre ergänzt).

Es betrugen damals:

Handelsflotte
Br. Reg. Tons
Subventionen
insgesamt
per
Br. Reg. Ton
M M
in Grossbritannien 17 378 000 34 000 000 1,95
Österreich-Ungarn 750 000 20 000 000 26,70
Frankreich 1 894 000 53 000 000 28,00
Deutschland 4 267 000 8 000 000 1,85
Italien 1 320 000 16 000 000 12,10
Japan 1 153 000 28 500 000 24,70
Russland 972 000 11 000 000 11,30
Spanien 710 000 15 500 000 21,85

Die Tabelle zeigt auf den ersten Blick, dass in den beiden Ländern mit der am meisten entwickelten Handelsflotte, England und Deutschland, die Subventionen am kleinsten sind, und sie beweist damit, dass die staatliche Unterstützung allein durchaus nicht genügt, eine lebenskräftige Schiffahrt zu erwecken. Das letztere wird auch bewiesen durch die Erfahrung, dass die Subventionen die Tendenz haben, ständig zuzunehmen; sie tragen nicht dazu bei, den Subventionsempfänger allmählich auf die eigenen Füsse zu stellen, im Gegenteil, sie machen ihn immer unselbständiger. Er gewöhnt sich daran, seinen Betrieb Bedingungen anzupassen, die nicht auf normaler Grundlage ruhen, und das macht die Rückkehr zu natürlichen Verhältnissen schliesslich unmöglich. So wird die Subvention zu einer Schraube ohne

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/311&oldid=- (Version vom 3.10.2021)