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Hintergrund getreten; immerhin behaupten sie auch in neuerer Zeit ihren Platz, so dass noch ausführlicher davon gesprochen werden soll.

Die Aufgabe der vorliegenden Abhandlung ist es, aus der Fülle wirtschaftlicher Tätigkeit einen Zweig herauszuheben und auf sein Wesen, seine Bedeutung und Organisation hin näher zu untersuchen: den Handel.

Die Zahl der Definitionen des Handels ist Legion. Wenn wir in der obigen Differenzierung vom Handel als der räumlichen und zeitlichen Bereitstellung von Rohstoffen und gewerblichen Erzeugnissen gesprochen haben, so ist darunter Handel in volkswirtschaftlichem Sinne verstanden, d. h. Handel als blosse wirtschaftliche Tätigkeit an sich. Daneben lässt sich der Handel aber auch vom Standpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit eines bestimmten Subjekts, des Kaufmanns, abgrenzen und als die zum Zwecke des Erwerbs betriebene Anschaffung und Wiederveräusserung von Waren bezeichnen. In weiterem Sinne gehört hierher auch der Handel mit Wertpapieren.

Wesentlich weiter geht in der Regel die juristische Begriffsbestimmung des Handels bezw. Handelsgewerbes, die in den Handelsgesetzbüchern der verschiedenen Länder ihren Niederschlag findet. In Deutschland sagt § 1 des HGB. das folgende:

Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der eine der nachstehend bezeichneten Arten von Geschäften zum Gegenstand hat:
1. Die Anschaffung und Weiterveräusserung von beweglichen Sachen (Waren) oder Wertpapieren, ohne Unterschied, ob die Waren unverändert oder nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung weiter veräussert werden.
2. Die Übernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung von Waren für andere, sofern der Betrieb über den Umfang des Handwerks hinaus geht.
3. Die Übernahme von Versicherungen gegen Prämie.
4. Die Bankier- und Wechslergeschäfte.
5. Die Übernahme der Beförderung von Gütern oder Reisenden zur See, die Geschäfte der Frachtführer oder der zur Beförderung von Personen zu Lande oder auf Binnengewässern bestimmten Anstalten sowie die Geschäfte der Schleppschiffahrtsunternehmer.
6. Die Geschäfte der Kommissionäre, der Spediteure oder der Lagerhalter.
7. Die Geschäfte der Handelsagenten oder der Hausmakler.
8. Die Verlagsgeschäfte sowie die sonstigen Geschäfte des Buch- oder Kunsthandels.
9. Die Geschäfte der Druckereien, sofern ihr Betrieb über den Umfang des Handwerkes hinausgeht.

Im § 2 des HGB. wird ausserdem noch bestimmt, dass ein gewerbliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, auch dann, wenn es die Voraussetzungen des § 1 nicht erfüllt, als Handelsgewerbe anzusprechen ist, wenn die Firma des Unternehmers in das Handelsregister eingetragen worden ist. Der Unternehmer ist verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen.

Eine besondere Stellung nehmen im deutschen HGB. die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ein. Die genannten Bestimmungen finden auf sie keine Anwendung. Auch wenn mit dem Betriebe der Land- und Forstwirtschaft eine Unternehmung verbunden ist, die nur ein Nebengewerbe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes darstellt, finden auf dieses die Bestimmungen des § 2 mit der Massgabe Anwendung, dass der Unternehmer berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, die Eintragung in das Handelsregister herbeizuführen. Auch wenn in dem Nebenbetriebe Geschäfte der im § 1 bezeichneten Art geschlossen werden, gilt der Betrieb doch nur dann als Handelsgewerbe, wenn der Unternehmer von der Befugnis, seine Firma in das Handelsregister eintragen zu lassen, Gebrauch gemacht hat.

Die vorliegende Abhandlung wird sich im wesentlichen mit dem Handel vom Standpunkt des ihn betreibenden Subjekts (des Kaufmannes), also mit dem Handelsgewerbe befassen, während in einem Schlusskapitel die volkswirtschaftliche Seite erörtert werden soll.

II. Gliederung des Handelsgewerbes.

Das Handelsgewerbe gliedert sich zunächst nach der Art der Waren, die von den einzelnen Unternehmungen vertrieben werden: Kolonialwaren, Materialwaren, Bücher, Wertpapiere, Geld, Manufakturwaren, Antiquitäten, Vegetabilien usw. Sämtliche Gattungen von Handelsbetrieben können, unbekümmert um die Art der Güter, die sie kaufen und verkaufen, Grosshandelsbetriebe

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/316&oldid=- (Version vom 6.10.2021)