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gewisse riskante Geschäfte ein für allemal untersagt. Die Notenbanken dürfen keine Wechsel akzeptieren – eine in der heutigen Zeit nicht mehr angebrachte Geschäftsbeschränkung, zumal die Indossierung nicht untersagt ist und im Interesse der Rediskontierung auch nicht untersagt werden kann–, sie dürfen keine Zeitgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung abschliessen, oder Bürgschaften für Zeitgeschäfte übernehmen. Über die negative Beschränkung hinaus ist aber der Reichsbank im § 13 Bank-G. ausdrücklich positiv vorgeschrieben, welche Geschäfte sie überhaupt betreiben darf. Es gehört hierher vor allem das Diskontgeschäft in kurzfristigen Wechseln und Schecks, das Lombardgeschäft mit Beschränkung auf Edelmetalle und gewisse Effekten, das Effektenkommissionsgeschäft und Giro- und Depositengeschäft. Vergl. § 13, § 44 Bank-G. Ausserdem gilt noch für die Reichsbank die Sonderbestimmung, dass sie verpflichtet ist, Barrengold zum festen Satze vom 1392 M für ein Pfund fein gegen ihre Noten umzutauschen. In diesem Kaufzwange kommt die Stellung der Reichsbank als des zum Schutze der Goldwährung in erster Linie berufenen Organs deutlich zum Ausdruck. Die Bestimmung hat praktisch zur Folge, dass im grossen und ganzen der gesamte Goldimport nach der Reichsbank geleitet und ihrer Leitung dadurch eine ständige Kontrolle über den Goldmarkt ermöglicht wird.

Die Befugnis zur Notenausgabe ist bei der Reichsbank ziffernmässig nicht beschränkt, sie darf „nach Bedürfnis ihres Verkehrs“ Banknoten ausgeben. Reichsrechtlich existiert auch für die Privatnotenbanken eine ziffernmässige Beschränkung nicht. Anders nach Landesgesetz oder Privileg. Die Sächsische Bank ist allerdings auch landesrechtlich einer Beschränkung nicht unterworfen. Für die Bayerische Notenbank ist als Höchstbetrag der umlaufenden Noten 70 Millionen Mark festgesetzt. Bei der Württembergischen Notenbank und der Badischen Bank darf der Gesamtbetrag der auszugebenden Noten den dreifachen Betrag des jeweilig eingezahlten Grundkapitals nicht übersteigen, bei der Badischen Notenbank ist noch als Maximalziffer 25 714 285 Mark festgesetzt. Wohl sieht nun aber das Bankgesetz eine zweifache indirekte Beschränkung der Notenausgabebefugnis für alle Notenbanken – auch für die Reichsbank – vor. Einmal setzt der Grundsatz der sog. Drittelsdeckung dem unbeschränkten Notenemissionsrecht eine faktische Schranke. Die Reichsbank und die heute noch existierenden Privatnotenbanken – die letzteren allerdings auf Grund einer formell freiwillig übernommenen Beschränkung – sind verpflichtet für den Betrag ihrer im Umlauf befindlichen Banknoten jederzeit mindestens ein Drittel in kursfähigem deutschen Gelde, Reichskassenscheinen oder Gold und den Rest in diskontierten Wechseln mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten, aus denen in der Regel drei- mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, oder Schecks, aus denen mindestens zwei als zahlungfähig bekannte Verpflichtete haften, in ihren Kassen als Deckung bereit zu halten.

Die zweite Beschränkung des Notenemissionsrechts bilden Kontingentierung und Notensteuer. Prinzipiell ist die Notenemission steuerfrei. Die Steuerfreiheit endigt aber bei einer bestimmten Höhe des Umlaufes: sobald die Bank diese Grenze überschreitet, hat sie von dem überschiessenden Betrage des Umlaufs eine Steuer von 5% an die Reichskasse zu zahlen. Der steuerfreie Betrag setzt sich bei jeder Notenbank aus zwei Faktoren zusammen: einer variablen Grösse, das ist ihr Barvorrat (kursfähiges deutsches Geld, Reichskassenscheine, deutsche Banknoten, Gold) und einer konstanten Grösse, d. i. dem ihr durch das Bankgesetz zugewiesenen ein- für allemal fixierten Betrage an steuerfreien Noten, dem sog. Kontingent. Die Kontingente betragen:

a) für die Reichsbank seit der Novelle vom 1. Juni 1909 im allgemeinen       550 Millionen Mark
für die Quartalsschlüsse 750 Millionen Mark
b) für die Bayerische Notenbank 32 Millionen Mark
c) für die Sächsische Bank 16 771 000 Mark
d) für die Württembergische Notenbank 10 Millionen Mark
e) für die Badische Bank 10 Millionen Mark

Fällt eine der Privatnotenbanken weg, so wächst ihr Kontingent der Reichsbank zu.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/348&oldid=- (Version vom 10.10.2021)