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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

nach dem Kontingent richtet, folgt die Kontingentierung dem tatsächlichen Notenumlauf! Nach alledem wird man die Hoffnung aussprechen dürfen, dass das Reich bei der nächsten Erneuerung des Privilegs die Reichsbank von den Fesseln der indirekten Kontingentierung befreit und ihr damit die Möglichkeit gewährt, ihre Diskontpolitik ausschliesslich nach der Lage des Geldmarktes einzurichten und nicht daneben Rücksichten auf die Notensteuer einen massgeblichen Einfluss zu gestatten.

Für die Beibehaltung der indirekten Kontingentierung haben sich vor allem Lexis, Bank-Archiv 6,310, Heymann, Reichsbank und Geldverkehr 16, Raudnitz, Bank-Archiv 6,311, und Feiler, Die Probleme der Bank-Enquete 18, ferner der dritte deutsche Bankiertag und die meisten Mitglieder der Bankenquetekommission – vor allem Riesser und Schinkel – ausgesprochen. Dagegen fordern die Beseitigung u. a. Jacoby, Die deutsche Zettelbankreform im Jahre 1891, 65, Helfferich, Finanzarchiv 13,520, Kaemmerer, Reichsbank und Geldumlauf 25, Landmann, Bank-Archiv 8,165, Bendixen, Bank-Archiv 9,67, ferner auch Wagner, Bank-Enquete-Verh. 1,47.

γ) Weitergehende Spezialisierung der Wochenausweise.

Für die Spezialisierung der einzelnen Posten der Wochenausweise ist die Verordnung betreffend die Vorschriften über die von den Notenbanken in der Jahresbilanz gesondert nachzuweisenden Aktiva und Passiva vom 15. Januar 1877 massgebend. Die dort vorgeschriebene Spezialisierung genügt aber den heutigen Anforderungen an die Publizität des Zentralbankbetriebes keinesfalls mehr. Seitdem Jahre 1909 gibt nun zwar die Reichsbank in ihren Wochenübersichten freiwillig ihren jeweiligen Geldbestand bekannt, und damit ist wenigstens ein „oft und viel beklagter Übelstand“ gehoben (vergl. Helfferich, Bank-Archiv 6,66). Nach wie vor scheidet aber die Reichsbank auf der Passiva-Seite die „sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten“ nicht in die Regierungsdepositen und Privatdepositen. Eine solche Scheidung muss im Interesse der Publizität des Reichsbankbetriebes gefordert werden. Die Gründe, aus denen die Reichsbankleitung bisher sich dieser billigen, besonders aus kaufmännischen Kreisen wiederholt geforderten, Trennung widersetzt, sind nicht überzeugend.

δ) Erhöhung des Grundkapitals.

Das Grundkapital der Reichsbank bestand ursprünglich aus 120 Millionen Mark (40 000 Anteile von je 3000 Mark). Durch die Novelle vom 7. Juni 1899 wurde es auf 180 Millionen Mark erhöht. Es ist verständlich, dass in Zeiten besonderer Geldknappheit die damit verbundene Höhe des Diskonts auch u. a. auf das angeblich ungenügende Grundkapital der Zentralbank zurückgeführt wurde. Zur Unterstützung wurde hierbei insbesondere auf die Tatsache hingewiesen, dass die grossen Berliner Kreditbanken heute ein höheres Grundkapital aufweisen als die Zentralbank. Nun hat sich ja gewiss das Kapitalverhältnis der Reichsbank gegenüber den Kreditbanken im Laufe der Jahrzehnte ganz erheblich zu Ungunsten der Reichsbank verschlechtert. Insbesondere wurde in der Reichstagssitzung vom 17. Februar 1909 darauf hingewiesen, dass das Kapital und die Reserven der Reichsbank im Jahre 1875 150 Millionen Mark, im Jahre 1907 200 Millionen Mark betragen hätten, während Kapital und Reserven der Berliner Grossbanken in derselben Zeit von 250 Millionen Mark auf 2500 Millionen Mark gewachsen seien. Es ist sogar die Auffassung ausgesprochen worden, dass die Reichsbank eben als Reichsbank „um ihres Ansehens willen“ das grösste Grundkapital unter sämtlichen deutschen Banken aufweisen müsse (vergl. Raab, Bank-Enquete-Verh. 1,27). Mit Recht wird hiergegen eingewendet, dass das Grundkapital einer Notenbank für ihre Diskontpolitik ohne Einfluss ist, dass es nur eine Art Garantiefonds für die Gläubiger darstellt, dass das Betriebskapital dagegen durch die umlaufenden Noten und die Girogelder gebildet wird. Zur Erhöhung ihres Ansehens bedarf die Reichsbank eines höheren Kapitals, als sie zur Durchführung einer sozialen Aufgaben benötigt, gewiss nicht. Erachtet die Leitung der Reichsbank eine Erhöhung des Grundkapitals zum Zwecke der Durchführung dieser Aufgaben der Reichsbank für geboten, so ist selbstverständlich der Zeitpunkt für eine weitere Erhöhung gekommen.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/352&oldid=- (Version vom 10.10.2021)