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3. über die Voraussetzungen der Zulassung zum Besuche der Börse; 4. über Art und Weise der Notierung der Preise und Kurse (§ 5).

Die Regelung des Börsenbesuches überlässt das Gesetz im allgemeinen der Börsenordnung. Es zählt nur diejenigen Personenklassen auf, die unbedingt vom Börsenbesuche ausgeschlossen sind (Frauen, Kridare usw.).

An jeder Börse ist ein Ehrengericht zu bilden, das Börsenbesucher zur Verantwortung zieht, die sich ehrenwidrige Handlungen zu schulden kommen lassen. Die Strafen bestehen in Verweis und in dauernder oder zeitweiliger Ausschliessung von der Börse. Gegen das Urteil ist Berufung an die Berufungskammer statthaft.

Der zweite Abschnitt regelt die Feststellung der Preise und das Maklerwesen. Für die Feststellung der Börsenkurse sind mit Rücksicht auf die allgemeine volkswirtschaftliche Bedeutung der notierten Kurse besondere Kautelen im Interesse der Kurswahrheit vorgesehen. Es muss derjenige Preis festgesetzt werden, der der wirklichen Geschäftslage an der Börse entspricht.

Im dritten Abschnitt wird die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel normiert. Ueber die Zulassung hat die Zulassungsstelle zu entscheiden. Es ist dies eine Kommission, deren Mitglieder zur Hälfte aus Personen bestehen, die sich nicht berufsmässig am Börsenhandel mit Wertpapieren beteiligen. Dem Antrag auf Zulassung muss ein Prospekt vorangehen, der zu veröffentlichen ist, und der die für die Beurteilung der einzuführenden Wertpapiere wesentlichen Angaben zu enthalten hat (Prospektzwang). Ist der Prospekt unrichtig oder unvollständig, so haftet der Emittent im Falle von Arglist oder grober Fahrlässigkeit auf Schadenersatz.

Der wichtigste Teil des ganzen Börsengesetzes ist der vierte Abschnitt, der den Börsenterminhandel regelt. Das alte Börsengesetz enthielt in § 48 eine ausdrückliche Begriffsbestimmung des Börsenterminhandels. Das neue Gesetz hat die Definition, die sich als verfehlt erwies, gestrichen. Nicht jeder an der Börse sich abspielende Zeithandel ist freilich ein Börsenterminhandel. Vielmehr ist erforderlich, dass sich der Terminhandel in den spezifischen börsenmassigen Formen vollzieht, vor allem unter Innehaltung bestimmter Geschäftsbedingungen, durch die Quantitäten und Qualitäten der zu handelnden Ware einheitlich geregelt werden. Börsenverwaltungsrechtlich ist der zugelassene Börsenterminhandel von dem blossen geduldeten Börsenterminhandel und dem ausgeschlossenen Börsenterminhandel zu scheiden. Die Zulassung von Waren oder Wertpapieren zum Börsenterminhandel erfolgt durch den Börsenvorstand. Zuvor sind Interessenten gutachtlich zu hören und es ist das Ergebnis der Verhandlungen dem Reichskanzler zur Rückäusserung mitzuteilen. Ferner sind vor der Zulassung die Geschäftsbedingungen festzusetzen. Soweit ein Börsenterminhandel nicht zugelassen ist, ist er von der Börse auszuschliessen. Der Börsenvorstand ist jedoch berechtigt, die Entscheidung auf ein Jahr hinauszuschieben.

Zivilrechtlich sind erlaubte und verbotene Börsentermingeschäfte zu scheiden. Erlaubt sind alle diejenigen Börsentermingeschäfte, die nicht verboten sind.

Verboten ist der Börsenterminhandel in Fabrik- und Bergwerksanteilen, soweit der Bundesrat nicht ausdrücklich die Genehmigung ausgesprochen hat, sowie in allen Waren oder Wertpapieren, in denen der Bundesrat den Terminhandel ausdrücklich verboten hat, und schliesslich absolut alle Börsentermingeschäfte in Getreide und Erzeugnissen der Getreidemüllerei. Die erlaubten Börsentermingeschäfte zerfallen wieder in verbindliche und unverbindliche. Verbindlich sind alle diejenigen Geschäfte, die zwischen sogen. termingeschäftsfähigen Personen geschlossen sind. Termingeschäftsfähig sind alle eingetragenen, volljährigen Kaufleute, ferner Börsenleute und Ausländer. Sind nicht beide Kontrahenten geschäftsfähig, so ist das Geschäft unverbindlich, d h. unklagbar. Ist es einmal erfüllt, so ist eine Rückforderung wegen mangelnder Verbindlichkeit ausgeschlossen (§ 55). Im Effektenterminhandel kann durch ein schriftlich und ausdrücklich bestelltes Depot eine beschränkte Verbindlichkeit des Termingeschäfts herbeigeführt werden (§ 54). Ferner ist der Gläubiger einer unverbindlichen Terminforderung befugt, sie gegen eine verbindliche

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/364&oldid=- (Version vom 15.10.2021)