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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Über die Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes in Preussen hat das preussische statistische Landesamt für 1902 Erhebungen veranstaltet; danach waren 23,4% nicht verschuldet, 29,6 ganz massig, nämlich bis zu 25% des Gesamtvermögens, 23,4% hatten Schulden in der Höhe zwischen 25 und 50%, 17,6% der Landwirte waren mit mindestens der Hälfte des Gesamtvermögens, also in noch zulässiger Weise, über 5% mit ihres Gesamtvermögens und darüber, und 1% völlig verschuldet.

Die Hypothekenschulden haben sich in den ländlichen Bezirken Preussens in folgender Weise entwickelt:

Eintragungen
Mill. Mk.
Löschungen
Mill. M.
Überschuss der
Eintragungen
Mill. Mk.
1886 624 491 133
1890 622 465 157
1894 715 460 255
1896 783 506 277
1900 877 481 396
1901 959 558 401
1902 1020 626 394
1903 1090 465 445
1904 1038 631 407
1905 1143 672 471
1906 1209 696 513

Endlich seien noch einige staatliche Behörden und private Korporationen angeführt, die zur Förderung der Landwirtschaft zusammenwirken.

Das seit 1842 bestehende Landesökonomiekollegium hat nach seinem Statut von 1898 die Bestimmung, dem Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten als regelmässiger Beirat und den Landwirtschaftskammern als gemeinsame Geschäftsstelle zu dienen; für letzteren Zweck hat das Kollegium eine ständige Kommission, die „Zentralstelle für die Landwirtschaftskammern“ eingesetzt. Der Deutsche Landwirtschaftsrat, 1872 ins Leben gerufen, ist ein gemeinsamer Mittelpunkt der Zentralvereine, in die sich die landwirtschaftlichen Vereine zusammengeschlossen haben; sämtliche deutsche Staaten sind in ihm durch Abgeordnete vertreten. Die deutsche Landwirtschaftsgesellschaft ist 1886 entstanden, empfängt keine Staatssubvention und vermeidet grundsätzlich das Gebiet der Politik; sie befasst sich mit grossem Erfolg mit allen Gebieten landwirtschaftlicher Technik. Die Landwirtschaftskammern haben nach ihrem Entstehungsgesetz den Zweck, die korporative Organisation des landwirtschaftlichen Berufsstandes einzurichten und zu fördern; sie geben nicht nur Gutachten auf Befragen, sondern stellen Initiativanträge bei den Behörden. Sie wenden der Landwirtschaft zur Förderung des technischen Fortschrittes Mittel zu, die sie teilweise aus eigenen Steuerumlagen, teilweise aus Staatsbeihilfen schöpfen. Aus dem Bestreben, eine internationale Organisation der Landwirte zur Preisnotierung für landwirtschaftliche Produkte und zur gemeinsamen Interessenvertretung zu schaffen, entstand 1905 ein internationales Landwirtschaftsinstitut zu Rom; dieses hat vorerst nur als statistische Stelle zur Aufklärung gegenüber tendenziöser Berichterstattung gewirkt; 1909 wurde besonders beschlossen, statistischen Nachrichtendienst über Anbau, Saatenstand, Ernte, Ein- und Ausfuhr und Preise für Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Reis und Baumwolle einzurichten; dieser Nachrichtendienst soll noch auf weitere gemeinsame agrarische Fragen ausgedehnt werden. Über das private Vereins-Genossenschafts- und Versicherungswesen in der Landwirtschaft wird in diesem Buche an anderer Stelle berichtet.

Hat nun die deutsche Landwirtschaft auch sehen müssen, dass immer mehr Einfuhr vom Auslande notwendig geworden ist, so schmälert dies den Produktionserfolg in seiner Bedeutung für die Volkswirtschaft durchaus nicht. Dass bei dem Wachsen der Bevölkerung des Reiches, dem ein so grosses Abnehmen der landwirtschaftlichen Berufstätigkeit gegenübersteht, die Aufgabe der Landwirtschaft immer schwieriger wird, ist selbstverständlich. Und lässt sich auch die landwirtschaftlich zu benutzende Fläche etwas vergrössern durch Urbarmachung von Heiden, Mooren und Sümpfen, ist auch die Viehzucht durch Steigerung der Zahl und des Schlachtgewichtes sowie der Milchergiebigkeit

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/399&oldid=- (Version vom 28.10.2021)