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geschiedenen Einkommen steuerlich entsprechend verschieden behandelt werden. – Wie das vorberührte Moment wesentlich nur die Einkommensbesteuerung betrifft, so haben wir zum Schluss noch ein sich in der gleichen Richtung bewegendes aber von weniger einschlagender Bedeutung hervorzuheben. Auf dem Einkommen können gewisse Lasten oder Verpflichtungen wie namentlich solche aus Familienverhältnissen (grosse Kinderzahl) ruhen, welche die Leistungsfähigkeit sei es dauernd sei es vorübergehend in einer bestimmten Weise beeinträchtigen. Auch sie entsprechend bei der Steuerbemessung zu berücksichtigen, muss wiederum die Gleichmässigkeit in der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bedingen.

d) Prinzipien der Steuerverwaltung.

Die Prinzipien der Steuerverwaltung wollen wir nur kurz herausheben, da sie für unsere Frage von untergeordneter Bedeutung sind und wesentlich die Gesetzgebungs- und Verwaltungstechnik betreffen. Zunächst gilt der Grundsatz der Bestimmtheit der Besteuerung. Die Steuer muss gegenüber dem Steuerpflichtigen nach Betrag, Zahlungszeit, Zahlungsort, Zahlungsart fest und scharf bestimmt sein; gleichzeitig sind diese Einzelpunkte in einer einfachen und verständlichen Weise zum Ausdruck zu bringen, so dass bei dem Pflichtigen ein Zweifel bezüglich seiner Steuerpflicht nach keiner Richtung hin entstehen kann. Sodann der Grundsatz der Bequemlichkeit in der Besteuerung. Die Einhebung der Steuer ist bezüglich der Zeit, des Orts und der Art der Zahlung so festzulegen und einzurichten, dass für den Pflichtigen aus der Zahlung selbst möglichst geringe Beschwerden erwachsen; unter Umständen kann auch die Zulassung von Raten- und Teilzahlungen in Frage kommen. Endlich das grundsätzliche Streben nach möglichst geringen Erhebungskosten der Steuer. Es ist dieses bei der Ausgestaltung der einzelnen Steuer sowohl wie bei der Wahl der Steuerarten in dem Steuersystem zu berücksichtigen; hier laufen die wirtschaftlichen Interessen des Hebenden und des Zahlenden der Hauptsache nach in der gleichen Richtung, denn jede Erhöhung der Erhebungskosten würde in der Regel eine Erhöhung des zu hebenden Gesamtsteuerbetrages bedingen.

6. Gerechtigkeit im Steuersystem und in den einzelnen Steuerarten.

Da die tatsächlichen Verhältnisse und die Grundprinzipien der Besteuerung nach ihrer neueren Entwicklung eine Einheitssteuer ausschliessen müssen, so ist die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung in dem hier angewandten weiteren Sinn in einem Steuersystem zum Ausdruck zu bringen. Dieses Steuersystem ist so zu bilden, dass in ihm insgesamt die Gerechtigkeit in der Steuerverteilung zur Durchführung kommt. Es kann sich bei der Bildung des Steuersystems mithin nicht etwa nur darum handeln, eine mehr oder weniger grosse Zahl von Einzelsteuern willkürlich und lediglich unter dem finanzpolitischen Prinzip der ausreichenden Deckung des Finanzbedarfs aneinanderzureihen. Die Einzelsteuern sind vielmehr sorgfältigst unter Berücksichtigung ihrer inneren Eigenart auszuwählen und systematisch zusammenzusetzen, so dass in dieser Zusammenfügung selbst, die auf diese Weise sich in Wirklichkeit als ein Steuersystem darstellt, die Grundprinzipien der Besteuerung im ganzen gewahrt erscheinen und gleichzeitig der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung sachgemäss Rechnung getragen ist. Dabei verschlägt es nichts, wenn bei der einzelnen eingestellten Steuerart das eine oder das andere Grundprinzip mehr zurück- oder hervortritt; eine Verschiedenheit in dieser Beziehung ist durch die Eigenart der einzelnen Steuern sogar notwendig bedingt; diese Verschiedenheit wird entsprechend zum Ausgleich zu bringen sein.

Gleichzeitig ist aber bei der Regelung und Ausbildung der einzelnen Steuerarten in sich den Grundprinzipien der Besteuerung und der Gerechtigkeit in der Steuerverteilung nach Möglichkeit Rücksicht zu tragen. Innerhalb der einzelnen Steuerarten selbst ist also schon tunlichst ein Ausgleich anzustreben, wie er trotz der unterschiedlichen Eigenart bis zu einem gewissen Grade zu erreichen sein dürfte. Für die Steuersystembildung muss hierdurch eine nicht unwesentliche Erleichterung geschafft werden. Hat man behufs Herstellung einer Gerechtigkeit in der Steuerverteilung bei der Steuersystembildung in erster Linie darauf zu sehen,

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/93&oldid=- (Version vom 6.9.2021)